Unliebsame Thematik

So, nachdem ich lerne über Themen zu reden, die an meiner Seele kratzen.
Meine Tante, die in Griechenland lebt, sorgt sich um das Wohl meiner Mutter und hat mir einen Tag vor ihrer Abreise nahe gelegt dafür zu Sorgen, dass meine Mutter sich mehr darum kümmert ein paar Dinge auf die Reihe zu kriegen.
Mit ein paar Dinge meint sie…gesundheitliche Sachen.
Also Dinge, die das Leben meiner Mutter unter Umständen verlängern.

Aus Gründen der Privatssphäre meiner Mutter werde ich das nicht in der Öffentlichkeit ausbreiten, um was es im Detail geht…aber im Prinzip ist die Thematik ganz einfach.
Zum Vergleich eine erfundener Dialog der etwas vergleichbares darstellt. (auch wenn meine Mutter raucht, geht es nicht darum)
A: „ Ich habe schon viel mit deiner Mutter geredet, es wäre besser für sie wenn sie aufhört zu rauchen, hilf ihr da ein wenig nach. Ich kann ja nicht, weil ich weit weg bin.“
B: „Ich habe das mit ihr schon ein paar mal ausdiskutiert, aber sie will eben rauchen…mit allen dazugehörigen Konsequenzen…“
A: „Aber sie hat sich noch nicht wirklich bewusst gemacht, _ wie _ schädigend das ist. Du musst dir das mal vorstellen, was sie sich damit antut und da ist ja auch noch diese Angst, dass es ihr schlimmer geht, wenn sie aufhört zu rauchen, so wie es bei ihrem Vater war. Ich mache mir Sorgen um sie und hab mir ihr geredet, aber da muss halt jemand dran bleiben. Verstehst du?“
B: „…….“

Meiner Tante war das Gespräch unangenehm, weil sie sah, dass es mir schwer fällt vor Augen geführt zu bekommen wie schwerwiegend die Situation tatsächlich ist. Nicht dass ich nicht alles wüsste, aber meine Mutter und ich…wir sind uns eigentlich im Reinen.
Ich habe akzeptiert, dass sie etwas tut, von dem ich weiß..dass es ihr Leben nicht verlängert wird…weil sie es will. Ich akzeptiere, dass sie diejenige sein muss, die aus ihren Gründen über ihr Leben verfügt. Es macht mich nicht glücklich, aber eher kann ich damit leben, dass sie aus ihrem Willen früher stirbt….als dass ich damit leben könnte…wenn sie mir zu Liebe etwas länger lebt, sich aber dafür unwohl und unglücklich fühlt oder eingeschränkt oder weiß der Kuckuck.

Das Gespräch mit meiner Tante war für mich aufwühlend und meine Selbstbeherrschung ist in die Binsen gegangen, ich hab sie gebeten zu gehen, damit ich mit der Thematik allein sein kann.
Ich weiß, dass es ihr Leid tat mich so zurück zu lassen, weil sie eigentlich nur mit mir reden wollte, um selbst etwas von der Sorge zu verlieren, die sie quält und statt dessen noch ein schlechtes Gewissen hat, weil sie mir jetzt auch noch Sorgen bereitet.
Andererseits ist meine Tante 20 Jahre älter als ich und muss ihre Sorgen doch allein tragen können?
Ich habe ein schlechtes Gewissen, weil ich ihre Intention durchaus erfasst habe, aber nicht in der Lage war so lange mit ihr zu reden, bis es ihr wieder gut geht….weil es mir davon deutlich schlechter gegangen wäre.
In meiner ollen Therapie hat mich der Psychomann dazu ermuntert anderen Menschen die Verantwortung für ihre Probleme zu überlassen und sie nicht mit Gewalt an mich zu reissen, nur weil ich glaube Zusammenhänge besser erkennen zu können. (Nicht dass er es so sagte, aber das ist es was ich verstanden habe) Und wenn ich bei einem Thema stark bin, dann will ich gerne und immer die helfende Hand reichen, aber bei dieser Thematik bin ich nicht stark, da bin ich froh, wenn ich mich selbst über Wasser halte.
Hab ich erwähnt dass ich trotzdem ein schlechtes Gewissen habe meiner Tante gegenüber?
Hmpf.
Ich habe irrsinnige Angst vor dem Tag, an dem meine Mutter sterben wird, aber ich will auch nicht meine Zeit darin investieren ….gegen Windmühlen kämpfen?….ich will nicht die Zeit..die ihr und mir bleibt damit verbringen…ihr zu sagen, was gut für sie ist….sie zu entmündigen, ihr zu erklären wie sie zu Leben hat weil ICH sie länger bei mir haben möchte. Das geht in meinem Leben nicht.
Das empfinde ich als falsch.

Natürlich….besteht die Möglichkeit, dass meine Mutter…wenn sie ab heute an, ihr Leben optimal führt…eine Anzahl X an Lebensjahren herausholt. Wenn sie nicht der Laster erwischt.
Das Leben ist nicht fair und nur weil man etwas ganz gut und richtig macht, bedeutet es nicht, dass es auch zu einem guten und richtigen Ergebnis führt….man kann die Wahrscheinlichkeit erhöhen..aber eine Garantie gibt es nicht.

Aber wenn ich meine Zeit darauf verwende, mir einzureden…ich könnte etwas unvermeidliches aufhalten, wenn ich nur genug positive Faktoren schaffe….dann will ich mich nicht an dem Tag sehen..an dem halt doch geschieht, was geschehen muss. Dann steh ich doch noch mehr im Nichts.
Ist es egoistisch und falsch von mir so zu denken?
Ich habe mit meiner Mutter geredet..über das was technisch betrachtet sinnvoll wäre („Ja, es wäre sinnvoller nicht mehr zu rauchen…“) und aufgrund des Gespräches eben, werde ich es auch nochmal tun müssen…einfach damit es nicht unkommentiert im Raum steht….aber ab wann ist es noch ein konstruktiver Hilfeversuch und ab wann ist es schon ein sinnloses Rudern mit den Armen, weil man sich selbst vor dem Tag fürchtet?

Fakt ist…in meinem Verständnis….der Tag, an dem meine Mutte stirbt, wird der traurigste und schlimmste Tag in meinem Leben sein.
Ich kann die Zeit bis dahin mit ihr im Reinen verbringen…sie sowohl respektierend, als auch mein eigenes Leben führend.
Oder ich kann die Zeit bis dahin gänzlich auf sie konzentrieren, hängen und bangen, mich fürchten und alles tun um …mir zumindest einzubilden ich würde alles menschen mögliche machen was ihr auch nur einen tag mehr bringt?

Ist es herzlos von mir, den Willen meiner Mutter zu akzeptieren?
Bin ich deswegen bequem oder nachlässig?
Naiv..nach dem Motto, wenn ich nicht darauf rumhacke passiert es vielleicht nicht?

Wie ist das mit euch?
Wie geht ihr mit dieser Gewissheit um?
Mütter sterben…früher oder später…egal ob krank oder gesund…keine kommt aus und keiner von uns drum rum….
Wie zum Kuckuck, würdet ihr das machen, wenn die Angst eurer Mutter etwas 'technisch sinnvolles' zu tun, so groß wäre, dass sie es vorzieht lieber so weiter zu machen?
Und was würdet ihr machen, wenn selbst diese technisch sinnvolle Aktion vermutlich nur bedingt lebensverlängernd ist..weil es einfach sehr viele andere 'negative' Faktoren gibt?

Ich glaube, dass meine Mutter trotz widriger Umstände so lustig weiter lebt, weil sie der Überzeugung ist…es wäre so in Ordnung, weil sie ihre Arbeit hat..über die sie schimpft, aber die sie jeden Tag aus dem Bett holt und weil sie eben denkt….ich bin die..die mit ihrem Raucherbein 100 wird..im Gegensatz zu allen Anderen Rauchern.
Was ist wichtiger zu bewerten?
Medizinische Tatsachen…oder der verdammte menschliche Glaube?

Oh Mann.

Dieser Beitrag wurde unter Alles Nichts...oder? veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar