Internal

30.12.2002
 
“ Oh Baby come, come, come into my world, wont you lift me up, high, high, high upon you….”
Die Stereoanlage hab ich ganz laut aufgedreht, es dröhnt geradezu.

“All the things she said, all the things she said, runnig thru my head, runnig thru my head…”

Wenn ich es mir recht überlege, könnte man aufhören, eigene Worte zu sprechen. Es reichte für – fast alles – Worte zu benutzen, die schon mal gesprochen wurden. Geschrieben wurden. Gesungen wurden. Verlieren sich Worte wenn man sie öfters benutzt? Nutzen sie sich ab? Sind sie weniger wert, wenn sie nicht aus einem selbst stammen? Oder ist es wichtiger, wann man was sagt? Wie man es sagt? In meinen Büchern, ist das WIE, das worum es geht. Ich kann gar nicht verstehen, dass ich sie früher nicht hatte. Oder eher, verstehe ich nicht, wie ich überhaupt irgendwann verstehen konnte. Die Welt mit Büchern, unterscheidet sich von der Welt ohne Bücher, so drastisch voneinander…wie….wie… Ein Super-Duper-Mikroskop von einem Einäugigen mit grauem Star. Und nein ich übertreibe nicht. Meine Plage ist ein Geschenk.
Ich hasse dieses Zimmer. Die meiste Zeit verbringe ich darin. Lesend. Und lesend. Katinkas Bücher. Und meine. Zeit totschlagen, bekommt gerade eine ganz neue Bedeutung für mich. Jetzt da ich so viel davon habe. Ich beginne den Sabbat und den ganzen Mist ernsthaft zu verachten. Nicht mal primär, weil sie so gemein sind. Ich weiß nicht wirklich wie gemein sie sind, denn den Einzigen den ich je kennenlernte war der Wolf. Und der war… Bei all seiner Fähigkeit und seiner Gefuchstheit… Ein Opfer seiner selbst. Ich mochte ihn. Echt. Ich hätte gerne sein Buch gelesen. Aber der ganze Verein in Gesamtheit geht mir auf den Senkel, weil sich alle so brachial vor denen  fürchten. Ich fühle mich eingeengt. Ich soll nicht durch die Gegend streifen, weil – wer weiß was sich so alles rumtreibt. Hast du Angst vorm schwarzen Mann?
Bin ja froh, dass ich wenigstens Ab und An zum Tanzen rauskomm. Aber immer so kurz. Es sind die längsten Nächte des Jahres und sie sind so schnell vorbei! Wie wird das erst im Sommer werden? BAH. Auf meinem Nachtkästchen steht eine Dose Red Bull. Ich habe sie schon ein dutzend Mal getrunken und es war köstlich. Tatsächlich ist sie noch verschlossen, aber wer nimmt das schon so genau.
Ich hab mich schlau gemacht. Das was ich jetzt bin, was Katinka ist…Malekin. Dass nennen sie Malkavier…oder liebevoll Malki. Vom Clan des Mondes, sagen sie. Und verrückt. Nah am Wahnsinn. Ich finde sie lesen die falschen Bücher. Wenn man mich fragte, was Wahnsinn ist. Dann würde ich sagen. Diese völlig sinnlosen Intrigen, die sie mit Begeisterung schmieden. Die sind desWahnsinns. Wie sich sich querbeet, bunt herum gegenseitig mit ihrem Blut füttern. DAS ist Wahnsinn. Allein, was ich mit Anna alles erfahren habe, von Ihnen, über sie. Ich mein, da muss man ja ein wenig seltsam in der Birne werden. Diese Spielchen sind alle so profan. Ich glaube die schlagen auch nur ihre Zeit tot. Das rumgebalge um, wer der Prinz ist…. DAS ist Wahnsinn. Und je mehr ich lerne, je mehr ich erfahre, desto klarer sehe ich. Die Einzigen, die…meiner Meinung nach…. So halbwegs klaren Verstand beweisen….sind die –  so called – Verrückten. Irre oder? Sie sind, ehrlicher… Zu anderen…zu sich selbst?… Weniger Masken. Finde ich. Nicht dass ich sie durchschauen könnte. Aber nur weil ich, dass was ich sehe, nicht einordnen…nicht lesen kann… Deswegen muss es ja nicht unehrlich sein. Es liegt vielmehr in meiner unvollendeten Wahrnehmung. Dass ich manchmal nur Masken sehe. Wobei…hm…von diesem Standpunkt aus betrachtet. Ist es bei anderen Clans…(….Clan hört sich an wie Szene und Szene ist ein echtes Unwort.)… Nicht auch so. Tragen sie Masken? Oder bin ich nur nicht in der Lage die Wahrheit zu erkennen? Vielleicht sind sie auch ehrlich? Nur anders ehrlich wie ich? Oh weh. Ach je. Ich glaub so komm ich nicht weiter. Vielleicht ist es garnicht Wahnsinn, was sie tun…. Sonder völlig normal und ich verstehs nur nicht. Das ist mir jetzt zu kompliziert.
Ich blinzle.
Langweile bringt einen echt dazu seltsame Dinge zu tun. Ich zum Beispiel, ich habe mir eine Tüte Gummibärchen gekauft. Ich mochte Gummibärchen früher nicht so besonders gern, und jetzt mag ich sie mit Sicherheit noch viel weniger. Aber die Sache ist….sie sind so klein und niedlich und mit einem Haps geschluckt. Warum ich die essen will? Nun ja. Ich könnte sagen. Weil Katinka essen kann, ohne zu kotzen. Und Thomass. Und Malekin, der sogar behauptet, es gäbe Dinge die eigentlich ganz gut schmecken. Bei dem Gedanken allein gruselt es mich. Wer hat Angst vorm schwarzem Mann, wenn eine Tüte Gelee einem Gänsehaut auf den Körper zaubern kann?
Das alles wären gute Gründe, warum ich mir das antun sollte. Aber die Wahrheit ist. Ich langweile mich! Ich fühl mich unlebendig. (Woher kommts?) Ich will an mir arbeiten. Ich will mich entwickeln. Etwas tun. Nicht nur in diesem verteufelten Zimmer sitzen. Hier hab ich schon alles gelesen. Und auch wenn sich bei jedem Lesen neue Seiten auftun. Ich will neue Bücher! Ich will…ich will…ich…….reisse die olle Tüte auf und bereue es sogleich. Bedenke gut was du dir wünscht oder wie war das? Egal.
Ein Grünes.
Ein Weisses.
Ein Gelbes.
Ein Rotes….und warum gibt es eigentlich keine blauen Gummibären?
Ich stelle sie feinsäuberlich um die RedBull Dose auf. Umzingel sie taktisch. Der Geruch ist geradezu unerträglich. Er klebt an meinen Fingern, versickert in meiner Haut und vergiftet mich. Es ist eine Armee. Eine Armee von Gestank und Ekligkeit. Lauter kleine Bären die mich unschuldigst ansehen. Ich sollte sie systematisch aus dem Fenster werfen. Aber ich werde das nicht tun. Mein Magen dreht sich herum. Aber ich sitzte auf meinem Bett und sortiere die Süßigkeiten immer wieder aufs Neue. Nach Farben. Nach Geruch. Nach Größe. Wie Kinder mit Bauklötzen spielen. Es widert mich an und doch lasse ich es nicht sein.
Ganz seltsam. Es ist schön, sich in Büchern zu verlieren, die mich interessieren….wie…Gier. Oder in welchen, die mir gefallen…wie Tanzen. Aber ….den Sinn….etwas zu lesen….das…einfach nur abartig ist…. Ich lese mich selbst. Das schweigen meines Herzens, welches sich anhört, als würde es wild schlagen. Weil ich am liebsten flüchten würde, flüchten vor der Gummibären Armee. Die Muskeln in meinem Gesicht, die sich verziehen um meinem Ekel Ausdruck zu verleihen. Mein Körper der sich mokiert und mich bittet, an den Kühlschrank zu gehen. Zu trinken und meine Sinne zu reinigen von ….. ( …den kleinen süßen Gummibären?) Manchmal, sind Dinge…schon verdreht… irgendwie….

“Ich will vernünftig sein, doch vernünftig sein ist schwer, ich weiß ich bin verrückt, genau wie er… ich sitzte Tag und Nacht bei Dämmerlicht aufrecht in meinem Bett und warte, dass er zu mir spricht….”

Ich schnaube und wische die Süßigkeiten nebst Dose von meinem Nachtkästchen. Verschränke meine Arme. Ziehe meine Beine aufs Bett und finde mich blöd. Wenn das Katinka sieht? Ich will nicht dass sie mich für…für…ach was weiß ich hält. Obwohl ich mir sicher bin, sie würde das nicht denken. Ich glaube…ich will mich selbst nicht… Egal. Egal. Egal. EGAL. Die ruhige Zeit wird enden. Ich weiß es.

“…..ich kann ihn hörn….er ist ganz nah bei mir…..der Flüsterer im Dunklen… ”
Ich schnapp mir die Fernbedienung für die Musikanlage und lasse die CD von vorne loslaufen. Come. Come. Come into my world hm? Und weil ich schon dabei bin, dezimiere ich einen Soldaten und genieße auf meine eigene ganz persönliche Art und Weise seine Widerwärtigkeit auf meiner Zunge.
 

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