Tag aus, Tag ein

Das ich mit meinen Gedanken nicht allein bin, erzählen mir diverse psychologische oder philosofische Bücher oder Zeitschriften. Aber angelesenes Wissen berührt nicht so tief, wie erlebtes oder selbst erarbeitetes Wissen.
Einer, der absolut nicht neuen Gedanken – ist die Sinn des Lebens Frage.
Die fällt mir schon seit Jahren immer wieder auf die Füße und hat schon diversemale eine Depression eingeleitet.
Nachdem ich lerne zu reden, scheint es mir nur sinnvoll auch dieses Thema zum Gespräch zu machen, weil es in einem gewissen Maße auch belastend ist. Zumindest bindet es gedankliche Ressourcen und da es für mich bis dato keine nachhaltig zufriedenstellende Antwort gibt, ist die Energie, die ich dafür verbrauche, um mich damit auseinandersetzten auch einfach nur verpufft.
Ich komme zu keinem Ergebnis und dadurch dass ich nur für mich allein rumreflektiere, habe ich auch nicht das Gefühl weiter zu kommen oder etwas zu verändern.
Aus Erfahrung weiß ich, dass auch Themen für die es keine unmittelbare Lösung gibt leichter zu tragen sind, wenn ich sie mit jemand bespreche.
Allerdings macht mir meine Fantasie da einen gehörigen Strich durch die Rechnung.
Ich stelle mir vor, wie ich also zu meinem Freundeskreis gehe und sage:
„Bitte…ich erkenne in meinem Leben keinen wirklichen Sinn…sprich mit mir darüber.“
Die positiv veranlagten werden mir sagen: „Hör mal, du hast einen gute Job, verdienst gutes Geld, du hast echte Freunde und einen guten Partner. Eine Mutter, die dich über alles liebt. Du bist klug und kreativ und so weiter…sorg dich nicht um sowas“
Das ist zum Teil, was ich hab und bin…aber wohin mich das führt, das weiß ich nicht.
Ein anderer mag antworten: „ Es gibt keinen Sinn, genieß was du hast.“
Oder. „Keine Ahnung…“

Ich hätte das Gefühl ein unnatürliches Gespräch zu erzwingen. Obwohl ich zuversichtlich bin, dass sich viele Menschen diese Frage stellen.
„Was soll ich hier eigentlich?“ Ist es schwer..für mich…mir vorzustellen, jemanden dazu zu 'nötigen' sich mit mir an einen Tisch zu setzten um das Thema mal wenigstens einen Abend lang von vorn bis hinten und zurück zu beleuchten. Ohne dass es zu einem Ergebnis kommt vermutlich, einfach nur um des Redens willens.
Das liegt, wie gesagt..nicht an meinem Freundes und Bekanntenkreis…ganz im Gegenteil. Ich glaube, dass ich besonders viele Menschen kenne, die sich ähnliche Fragen stellen oder an sowas hängen….die Schwierigkeit liegt eher an mir, dass ich lieber in so ein Gespräch geraten würde, wenns gerade passt und es nicht erzwingen.
Aber ich gerate offenbar nicht allzuoft in so ein Gespräch, sonst würde ich mich nicht schon so lange allein mit diesem Denken auseinandersetzten.
Darum schreibe ich das hier.
Weil es auf diese Weise nicht völlig im Nichts verpufft..mein Denken und weil dennoch die Möglichkeit besteht, dass ich Kommunikation trete mit jemand, der das hier liest und mir antwortet.
Ein bisschen wie Nachrichten ins Weltall schicken?

Wenn ich darüber nachdenke, was ich hab und bin, dann weiß ich…ich bin ein glücklicher Mensch und tatsächlich bin ich das auch sehr oft. Mehr der Kleinigkeiten wegen. Die großen Dinge stimmen schon so lange in meinem Leben, dass sie sicherlich dafür verantwortlich sind, dass ich in großen Teilen ein positiver Mensch bin und sein kann. Glücklich machen mich watschelnde Enten, spatzen die Hüpfen, lauthals zu singen oder zu lachen, etwas erleben, dass mich ..mich und meinen Körper fühlen lässt. Endlich über mich reden können. Dinge zu verstehen, die mir früher ein Rätsel waren. Musik und noch vieles vieles mehr. Ich bin oft glücklich und seit ich das in Angriff genommen habe, steigt mein Lebensqualität stetig an…in faktisch allen Bereichen.

Und dennoch muss ich manchmal innehalten und aus dem Fenster sehen und mich fragen.
Wozu.
Welchen Grund gibt es, am Leben zu bleiben.
Das ist jetzt keine Selbstmordbeginnerformel, sondern vielleicht eine Frage nach der Effektivität oder so?

Ich spiele mit meinem Freund so ein Tanzspiel..da muss man auf einer Tanzmatte die richtigen Felder in der richtigen Reihefolge treffen, je länger man das durchhält, desto mehr punkte erhält man. Wenn man am Anfang gleich nen herben Fehler macht, kann man eine hohe Punktzahl nicht mehr erreichen.

Mein Freund ist ein Gewinnertyp, wenn er am Anfang einen Fehler macht, mag er das restliche Lied eigentlich nicht mehr tanzen, weil er nicht mehr gewinnen kann. Er will lieber gleich von vorne anfangen und es besser machen, weil er weiß, dass er es besser kann.
Wenn ich einen Fehler mache, tanze ich stumpf weiter, um wenigstens die restlichen Dinge zu üben, damit sich die Wahrscheinlichkeit verringert, dass ich beim nächsten Mal Fehler mache.
Ich würde sagen, er ist ein Könner/Macher und ich bin ein Macher/Über.
Bei so einem Tanzspiel ist es ganz einfach, da gibt es den 'repeat' button.

Im echten Leben fehlt mir der.
Wenn ich also weiß, dass ich nicht gewinnen kann..(so man den Tod als 'verlieren' bezeichnen möchte), dann könnte ich es doch sein lassen…weil alle Mühe die ich investiere, sind schließlich verpuffte Energie…weil…es führt ja zu nichts?

Die Einstellung, die mir für mein Tanzspiel ganz sinnvoll erscheint ist fürs echte Leben blödsinnig….natürlich kann ich stumpf weiter leben, auch wenn ich weiß, dass ich am Ende ja doch sterbe…..aber für was, weil ich es ja beim nächstens Mal wohl nicht besser machen werde.
Ausser natürlich ich entscheide ich mich dafür einer Religion nachzueifern, die das Wiedergeburtssystem befürwortet.

Aber das ist ein anderes Thema, dass ich an einem anderen Tag breit treten muss.

Ich stehe hier also in der Blüte meines Lebens und kann sequentiell, die ganzen wundervollen Geschenke die ich erhalte, nicht gebührend genießen und bewundern, weil ich kein Ziel im Leben habe. Ausser vielleicht möglichst zufrieden zu sein.
Das gelingt mir auch die meiste Zeit, aber das ist so…..na wenn ich tot bin ist es ganz zweifelsohne nicht von wichtigkeit, ob ich in meinem Leben zufrieden war oder nicht.

Ich mag  gerne positiv denken und manchmal, wenn ich anderen Menschen helfen kann, dann fühle ich mich gut und sinnvoll. Aber in einer globalen Betrachtungsweise ist das natürlich auch vergeudete Liebesmüh, denn egal wieviel Menschen ich glücklich mache, deren Leben enden ja auch einfach?
Vielleicht sollte ich mich darauf spezialisieren Menschen glücklich zu machen, die einer Wiedergeburtsreligion angehören, dann würde mein Tun etwas..für länger als mein eigenes Leben bewirken?
Das wirklich blödsinnige ist:
Das Leben scheint mir Sinnlos…unabhängig von dessen endlichkeit.
Denn wenn ich mir vorstellte, ich lebte ewig, würde mein Leben dadurch keinen Deut sinnvoller.
Ich hätte lediglich mehr Zeit um, sie zu vergeuden.

Und ab diesem Punkt wird es dann auch schwierig finde ich.
Selbst wenn ich motiviert wäre, oder fähig etwas zu erschaffen, dass mein Leben überdauert…oder das das Leben der Menschheit für immer verbessert, so dass sie in 100 Jahren den heiligen Andrea Tag ausrufen, an dem kleine Kärtchen mit meinen Bilder verteilt werden und jedes Kind in der Schule lernt, wer ich war. Selbst dies erscheint mir vergleichbar nutzlos.
Dann würde ich mein (vermutlich)einziges Leben, dafür opfern, dass die Zukunft mich tierisch super findet…..das macht meiner Meinung nach auch wenig Sinn.
Und wenn es mir aus Versehen gelingen würde, ohne dass ich mein Leben dafür opferte…dann schiene es mir sinnlos, weil ich ja nicht wirklich etwas dafür geleistet habe…mir wäre es dann ja nur passiert.

Jetzt bin ich eine kluge Person und weiß um die relativität der Wahrnehmung. Und wenn etwas immer gleich aussieht, obwohl  sich wichtige Faktoren ändern…dann liegt das Problem vermutlich in der Betrachtung und nicht an dem betrachteten Objekt.
Oder auf gut deutsch.

Wenn ich mein Leben immer sinnlos finde…egal welche Optionen ich mir vorstelle…dann liegt der Fehler vermutlich nicht am Leben…sondern an meiner Betrachtung dessen.

Die Frage an mich muss da wohl lauten.

„Warum entscheide ich mich bisher dazu, kein Sinn im Leben zu finden?“

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