Das IST Tomatensalat

Nicht bloggen sondern nur Gedankengänge aufschreiben hat den Vorteil, dass man – will sagen – dass ich nicht daran gebunden bin nur Dinge zu schreiben, die mir gerade eben erst geschehen sind.Gehe ich nicht vorhin an einer Pizzaria vorbei, als mir ein völlig unfassbarer Restaurant vor ein paar Jahren wieder einfällt…Wir (3 Weibchen und 1 Männchen) dachten uns: Gehen wir doch mal in die neue Pizzaria in meiner heimatlichen Stadt.Früher, war diese Pizzaria übrigens eines dieser Tanzlokale, das man im allgemeinen Sprachgebrauch liebevoll als 'Hin und Mit' bezeichnet. Dieser Fakt hätte mich eigentlich schon misstrauisch stimmen müssen, aber ich glaube ja an das Gute in der Welt.

Die Einrichtung ist zu typisch, als dass wir drauf Aufmerksam hätten werden können, um ehrlich zu sein, tarnte sich das Ganze als ganz normales Restaurant….lediglich die Speisekarte in leuchtend rotes Leder gebunden trägt etwas auf – doch das ist Nichts, im Vergleich zu den überdimensionalen güldenen Buchstaben auf dem Leder Menü.„Edel Essen“steht da. Freundin 1 schiebt mäßig beeindruckt die Unterlippe vor, Freundin 2 streicht ungläubig mit den Finter drüber und das Männchen, stellt die Frage in den Raum die uns Allen durch den Kopf geistert. „Wollen wir hier _ wirklich _ essen.“

Dann lachen wir, weil man bekannterweise nicht vom Einband auf den Inhalt schließen darf. Da wir alle alt genug sind um eine gewisse Routine in unser restaurantische Bestellverhalten gebracht zu haben, ist die Entscheidung schnell gefallen. (In meinem Fall: Spaghetti Pomodore, Tomatensalat und ein Tiramisu) Nur ganz unwesentliche 20 Minuten kommt auch schon unsere Bedienung um die auch schriftlich fest zu halten. Zumindest teilweise, denn wenn er alles aufgeschrieben hätte, könnte ich mir nicht erklären, warum er 2 Minuten später abermals erscheint um die Bestellung zu wiederholen. Nein, nicht korrekt – aber die Differenzen sind schnell behoben.

Unser Kellner im Übrigen ist genau das was man von einem italienischen Restaurant erwarten kann. Mann mit Italoeinschlag der sich auch in seiner Sprache wiederfindet. Auch die männliche ignorante Arroganz, die mancher männliche Italiener bisweilen inne hat fehlt nicht. Die Frage die offen bleibt ist, ob das auch das angebrachte Verhalten für eine Bedienung ist – jedoch sind wir zu viert und gut gelaunt und reißen lieber unsere Witzchen anstatt uns tatsächlich aufzuregen.Der Vorteil: Die nächsten Eineinhalb Stunden sehen wir diese Person nicht wieder.Der Nachteil: Sein Nicht-Erscheinen bedeutet auch kein Essen und wir werden doch langsam hungrig.Wir mutmaßen, ob der nur mäßigen Frequentierung des Lokals, ob die Küche vielleicht damit beschäftigt ist Bestellungen außer Haus als Erstes fertig zu stellen, aber mehr als Vermutungen anzustellen bleibt uns nicht.Mit viel witzeln und ungeheuerlicher Gelassenheit verbringen wir unsere Zeit dennoch ganz angenehm, dann endlich erfüllt sich der eigentliche Zweck unseres Besuches.Das Essen kommt.

Im Großen und Ganzen deckt sich unsere Bestellung mit dem was da jetzt vor uns auf dem Tisch steht. Es ist nur ein kleines Detail, dass nicht passt – aber nun gut DAS kann ja wirklich mal passieren.Ich habe eine gemischten Salat in dem wirklich Alles ist..nur keine Tomaten. Nicht das ich gemischten Salat nicht leiden könnte, aber so generell steh ich drauf beim Essen gehen das zu bekommen was ich bestelle. Ich gehe davon aus, dass es sich schlichtweg um eine Verwechslung handelt und sich genau in diesem Moment eine Person an einem Anderen Tisch fragt, warum wohl bei ihm der Tomatensalat steht.Also erwinke ich die Aufmerksamkeit der Bedienung, deute freundliche lächelnd auf den gemischten Salat und sage:

„Entschuldigung, aber ich hatte Tomatensalat bestellt.“ Und denke damit wäre jede Frage geklärt.Der Kellner sieht mich an…sieht den Salat an!!!!!! und dann wieder mir in die Augen und sagt dannO-Ton und dafür gibt es Zeugen!Er sieht mir in die Augen und sagt:

„Das IST Tomatensalat.“

Diese seine Behauptung wirft einige Fragen bei mir auf. Fragen die ich auch in den Gesichter meiner Mitesser wiederfinde. Es herrscht kurzes schweigen. Im Augenwinkel sehe ich wie Freundin 1 nochmal einen prüfenden Blick in meine Salatschüssel wirft – da herrscht noch immer Status Quo.Nachdem ich meinem Gehirn die notwendige Vorlauf zeit ließ das offensichtlich Paradoxon, dass sich soeben vor ihm aufgetan hat nicht zu verstehen, finde ich meine Artikulationsfähigkeit wieder und spreche aus, was einem jedem von uns auf der Zunge liegt.

„Ich will nicht unken, aber da sind keine Tomaten drin…..“

„Ich weiß, „ erwidert er mit einer Dreistigkeit bei der mir nichts mehr einfällt und nicht genug.

„Ich weiß, Tomaten sind aus….“

Tilt.

Schlagartig erkenne ich, das jeder interllektuelle Disput mit dieser Person verschwendet Liebesmüh ist, wir leben leider nicht im gleichen Zeit-Raum-Kontinium. Wenn Tomaten aus sind, nehme ich auch mit gemischten Salat vorlieb – nicht dass man sich vorher erkündigen könnte, ob eine Korrektur der erwartete Menüfolge aus Ressourcetechnischen Gründen vom Kunden befürwortet wird… Egal.

Das Gute daran, das restliche Essen verbringen wir damit diesen Vorfall in alle Ecken und Enden auszudehnen. Salamipizza bestellen, bei der nur der Teig erscheint – Salami war aus. Und Vorstellungen dieser Art.Die Bedienung erfreut uns auch den restlichen Abend noch mit ausgewähltem Verhalten, wie das Entziehen des Aschenbechers WÄHREND!!!! wir noch Rauchen, um ihn auf den Tisch nebenan zu zwei Anderen Rauchern zu stellen. Oder wiederum kreative Variationen des Nachtisches ohne das vorher mit uns koordinieren. Der Clou am Schluss – er war böse, weil er kein Trinkgeld bekam.

Also, wenn ihr jemals in ein Restaurant geht, auf dessen rot lederner Speisekarte die goldenen Buchstaben ' Edel Essen 'stehen – geht wieder.

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