Von Innen

26.09.2002
 
Künstlicher Nebel.
Stroboskoblicht.
Viel zu laute Musik hämmert sich in meinen Schädel und es ist gut so…
Meine Welt bricht Stück für Stück zusammen…stirbt.
Aber das, was mich bis ins Innereste berührt bleibt am Leben.
Die Lust am Tanzen ist eines dieser Dinge.
Ich muss nur die Augen schließen, einige Handbewegungen hier – ein paar Drehungen dort und ich befinde mich in meiner eigenen kleinen Welt.
Doch diesmal ist es eine ganz andere Welt. Es ist noch immer nebelig. Irgendwie. Ich weiss garnicht so recht wie mir geschieht. Beinahe als blickte ich durch die Augen jemand anderes, als wäre ich nicht wirklich da. Und dennoch sehe ich klar und  verstehe.

Thomasso.

Verzweiflung, fast greifbar. Obwohl ich das Bedürfnis habe zu ihm zu gehen, meine Arme um ihn zu schließen und ihm zu sagen dass, egal was..egal wie..es wieder besser werden wird, denn alles verändert sich, bewege ich mich nicht. Die vage Gewissheit, dass er es nicht merken würde. Die Angst, dass ich das,  was ich sehe zerstören  könnte. Als stünde es mir nicht zu hier zu sein. So gehe ich in die Knie und beobachte, wissend dass es wichtig ist.
Josepha tritt hinzu, ihr so grausam gezeugtes Kind, an ihrer Seite…es wimmert, hält sich schutzsuchend an sie. Mitleid.
Ein Gespräch beginnt. Die Worte dringen wie durch Watte zu mir und lassen mich doch erkennen wie essentiel es ..in der Tat… für mich ist, dies sehen zu dürfen. Ein Vorfall, bedingt durch Josepha…die Verrückte…deren Fähigkeiten ich nur erahnen kann. Und Thomasso liegt in sich selbst gefangen. Ich verstehe. Sein Alterego..Vincence… bedient sich seines Körpers. Und trotzt dieser Tatsache, die Thomasso so verzweifelt sein lässt, muss er doch Bewunderung aufbringen. Eine Droge. Du und ich..ich hasse dich, ich liebe dich.
Die Giovannis wollen mich. Ich weiss das. Thomasso will mich. Auch das weiss ich. Aber – und mein Herz will fast zerspringen, als ich die Worte aus seinem Munde höre, da er hier sitzt ohne jeden Halt – lieber sieht er mich glücklich, lieber sieht er mich geborgen, lieber sieht er mich frei..zu tun was ich will…als seiner Familie Ehre zu bereiten. Und ich weiss auch, was das bedeutet.
Fragen.
Ratlosigkeit.
Thomasso hat Vincence. Und Vincence hat Thomasso. Wer kam zuerst auf die Welt. Das Huhn oder das Ei? Vincence wird den Teufel tun und mir eine Wahl lassen. Aufgepasst, Mitgedacht. Niemand dem ich in Zukunft trauen sollte. Ich schnaube. Wolfenstein verhandelt mit dem ach so toten Antonio V. .So so. Niemanden dem ich in Zukunft trauen sollte.
Meine Welt zerbricht Stück für Stück.
Aber das, was mich bis ins Innereste erschüttert bleibt am Leben.
Malfeis
Malekin wandert durch mein Bild und winkt mir zu. Ich bin nicht wirklich überrascht darüber.
Noch während ich verarbeite was geschieht, kommt Thomasso auf mich zu..an mir vorbei..mich gibt es nicht… er blickt ins Nichts..und das Nichts spiegelt sein Ebenbild. Blut auf seinen Lippen.
**…kann mich nicht dagegen wehren, mich zu verzehren, dich zu begehren..mich zu nähren an deinem Blut…es tut so gut…**

Antonios Blut glaube ich fast. Josepha hadert, beruhigt ihr beebendes Kind als Malfeis das Spielfeld betritt. Hinter Thomasso und ihm zuflüstert. Seine Worte..die Stimme der Lorelei…andere in den Tot treibend… In den Wahnsinn…bohren sich durch den Nebel. Verführung. Erzählen Dinge die Thomasso weiss und nicht wahrhaben will.
Diablarie. Dia…bla..bla bla…rie… Wie ein Schimpfwort. Es heisst, von seinesgleiches zu trinken, bis sie leer sind. Dann sind sie wirklich tot. Mek Mek Mek, die Hex ist weg.
Was Malfeis sagt und tut, lässt Thomasso leiden und dafür hasse ich ihn – und dennoch flüstert mir der Schalk im Nacken, dass dieses Wesen nur Wahrheit ausspricht. Kann das falsch sein? Und schon kommt er auf mich zu, beugt sich hinab und sein Blick lässt mich schaudern. Will nicht weichen und muss es doch.
“ Ist es das was du willst?” Schneidend in meinem Verstand. Aufstehen will ich. Ihm ins Gesicht lachen. Ich sagen, dass seine Frage zu spät kommt. Dass es für mich..nicht mehr eine Frage des Wollens ist…sondern des Wanns. Des Wahns. Bin ich des Wahnsinns? Ich fürchte ihn und doch auch nicht. Wie das Gesicht Malekins, wenn er brennt…wenn das Tier hervorkriecht. Das ist es, was ich fürchte und begehre. Das Anglitz dieses Tieres.
Schützend halte ich Malekins Tagebuch vor mein Gesicht. Ich seh dich nicht, du siehst mich auch nicht.
Katinka et Malekin et Malfeis. Sie reden. Ein stiller Kampf der Zungen. Das Duell von Yir.
Nur ein Malekin aus jeder Generation. Ich entsinne mich. Würde ich Malekin, wäre die Ordnung verrückt. Aber sind es nicht Katinkas Worte, die da sagen es gibt keine Regeln? Ich will weinen, denn Tinka ist die letzte, die letzte Malekin. Die letzte Generation.
Und Malfeis betont es. Wiederholt es. Und rückt, was mir so wichtig ist, hinweg in weite Ferne. Niemand, dem ich in Zukunft….dem ich überhaupt trauen sollte.
Meine Welt zerbricht..Stück..für Stück.
Aber das, was ich tief im Innereste liebe bleibt am Leben
Katinka.
Katinka hat getötet.
Katinka hat diablariert.
Katinka, der jedes Menschenleben am Herzen liegt, wie ihr eigenes untotes Leben, hat genommen was nicht das Ihre war.
Die schwarz rot weisse Königin blickt beunruhigt und die schwarze Hexe eilt herbei.
Weiss, wie schnee.
Rot, wie Blut. Ein Tropfen von Katinkas Blut für Lyra, die Zauberin. Meine Gedanken verdrehen sich, mir wird schlecht. Ich ahne Unheil.
Lyra weicht zurück, ihr Gesten, ihre Blicke sagen mehr als alle Worte, als alle Fragen die über ihre Lippen fließen. Malekins Kind, ist nicht mehr was sie war. Und die Hex vermag es nicht zu verstehen, wie es geschehen konnte.
Auch Schneewittchen ist ein Tier. Niemand dem ich in Zukunft trauen sollte.
Masken die abblättern, wie alte Farbe von der Wand. Sie fallen zu Boden, zerspringen und ich  finde keine Ordnung mehr. Finde mich nicht mehr zurecht. Kein Halt für mich. Die letzte Wahl die mir bleibt, bevor sich alles in Nichts auflöst, was mir so sicher schien.
Malekin.
Nur ein Malekin in jeder Generation.Und Katinka, die nicht mehr die letzte ist, steht Malekin gegenüber. Er berührt sie, zieht sie zu sich. So voller Liebe, so voller Zärtlichkeit, so innig wie ich nie zwei lebende Menschen miteinander sah…küsst er sie. Verlangen liegt in der Luft, dass mir der Atem stockt. Und mehr. Ein Beeben geht durch ihren Körper, unterdrückte Laute..ihre Finger die sich in seinen Körper krallen. Mehr als Liebe. Mehr als Begehren. Ein Ungleicher Kampf und Tränen laufen über mein Gesicht als sie zusammenbricht und Malekins Fänge sich erneut in ihr Fleisch schlagen um sie auszusaugen..zu töten. Er laabt sich an ihr. Ohne Gewissen.
….und die Stimme, die Wahrheit spricht flüster leise.
“ Nur Malekin frisst seine Kinder.”
Niemand …..dem ich in Zukunft trauen kann.
Niemand.
Sie liegt tot zu seinen Füßen und er wendet sich einfach ab. Ihr Leben an seinen Lippen.
Ich wimmere.
** ..Ich seh mich wimmernd, am Boden liegen, mehr tot als lebend, mehr Geist als Mensch, als ich dich anfleh, es zu be-en-den….seh ich dich aufstehn…und dich ab-wen-den…**
Meine Welt zerbricht….

Ich finde mich wieder in einem Park. Am Boden kauernd. Wer weiss wie lange ich hier schon liege. Wieviel Zeit vergangen ist. Egal.
Ich bin ein elternloses Kind. Leere. Ein Schritt, gleich in welche Richtung, bringt mich zu Fall. Nichts was bleibt. Nichts was ist.
Bastian Balthasar Bux. Steht im Nichts. Mondenkind ist gestorben. Fantansia ist tot.
Also öffne ich meine Hand um das letzte Sandkorn zu betrachten.
Doch das Sandkort ist eine Tarot karte.
Der Tod.
Toth.
Und ein Wissen fällt über mich, dass nur dem Geiste eines Wahrhaft Irrsinnigen entspringen kann.
Tod ist nich das Ende. Tod ist der Anfang.
Erst wenn alle Mauern nieder gerissen sind.
Erst wenn jeder Halt verloren gegangen ist.
Erst….wenn alles…was du bist und warst…dahin ist.
Erst dann…hast du…hab ich…den Raum… Um mich selbst neu zu erschaffen.
Ich beginne zu kichern….zu lachen…zu schreien.
“ Ist das Alles?”

Es geschah in einer finstren Nacht
Vom schützenden Dunkel hervorgebracht.
Witterte es und fand zu mir
Und meiner Seele entwuchs ein Tier

 

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