Wenn Träume wahr werden

28.10.2002
 
“Ist das Alles? ” Höre ich noch den Klang der Worte widerhallen in meinem Kopf. Ich schrie sie in die Nacht hinein. Dummes Kind. Dummes, dummes Kind.
Katinka ist tot. Ich hatte einen Traum, von dem ich mit Sicherheit weiß, dass er wirklich ist. Und keiner will es sehen. Verstehen. Nicht mal diejenigen, die zugegen waren.
Meine Welt ist ein gedämpfter Raum. Der Schall, in Form von Worten,  dringt nur langsam und schwerfällig in meine Gedanken, die sich Pausenlos drehen. Immerzu und im nu…. weißt du wieso.. bist du so… oder?
Heute ist wieder eines dieser Treffen. Ja DIESER Treffen. Elysium. Oder zumindest mit den gleichen Regeln. Einige neue Vampire haben sich der Domäne angeschlossen. Die mich … Menschlein.. .beschnuppern und doch wieder die Nase rümpfen. Wie wahnwitzig, dass ich schon länger hier bin als sie. Tieferen Einblick in die Geschehnisse habe und ICH eigentlich diejenige sein sollte, die sie beäugt. Aber mir ist nicht nach Kinderspielen. Mir ist nach sterben. Auch ich bin tot. Immer noch Toth. In Begleitung von Josepha und Georg betrete ich die Räumlichkeiten und dort steht Katinka an der Seite ihres Mörders. Die Mörderin. Und mein Herz flammt in Zuneigung und Glück dass sie… Äh… atmet? Eher nicht… lächelt. Sie Lächelt und bewegt sich. Untot. Aber trotz diesem glücklichen Umstand, finde ich nicht ganz zurück in mein heiteres Gemüt. Schatten lasten auf mir. Wie wird man seinen Schatten los?
Apropos Schatten. Malfeis steht im Schatten. Mal da, mal dort und ich bin mir nicht sicher, ob ich ihn dazwischen gehen sehe. Nein ich mag ihn nicht leiden. Auch er war in diesem Traum und mir schien, er wäre der einzige gewesen, der so richtig seinen Spaß hatte.
Katinka erzählt wohlgemut von den Geschehnissen in Bremen und Lübeck. Dinge die sich trennen, anderen Dingen die sich zusammenfügen. Sie hängen an ihren Lippen – lächeln oder blicken betroffen… je nachdem. Aber ich muss mich immer wieder zusammenreißen ihr zu folgen – bei der Sache zu bleiben.
Meine Gedanken gehen auf Wanderschaft, so wie meine Augen und schließlich bleibt mein Blick auf Schlayer liegen und mir wird erst nach Sekunden bewusst, dass ich ihn anstarre.
Da steht er  und ich entsinne mich der Geschehnisse, die ich beobachten durfte/musste. Ein Mann – Pardon – ein Wesen wie er, so zu sehen, er hatte… hat….. Blut an seinen Händen, ich sehe es, als er sich zu uns an den Tisch setzt. Blut an seinen Händen… Wie in jener Nacht… Verzweiflung… Wut… Trauer… Ich hebe meinen Kopf, sehe durch Josepha durch, an Katinka vorbei, zu dem … Geist im schwarzen Ledermantel… will ich fast sagen, der mit seinem selbstgefälligen, wissenden Lächeln an der Wand lehnt und es sofort zu bemerken scheint, wenn ich nur den Kopf ich seine Richtung drehe. Malekin, der durch mein Bild läuft und mir zuwinkt. Dejavué. Ich blinzle und blicke zu Katinka, die sich bei Schlayer entschuldigt. Ihre Meinung bezüglich der Brujahs revidiert. Sie will von seinem Clan lernen und auch nicht lernen. Ich verstehe sofort was sie meint. Sie reden über, Vergangenes über Vorzüge und Nachteile, und ich verliere wieder den Faden. Tot war sie. Ich habe es am ganzen Körper gefühlt.
Malekin, wie er sie zu sich zieht.
Malekin, wie er sie küsst.
Malekin wie er, vor mir steht und mich ansieht als könnte er einen jeden meiner Gedanken von meinen, ins Nichts gerichteten, Augen lesen.
Ich sitze an einem langen Tisch. Man spricht über Politik. Sabbath hier, Sethiten dort. Eigentlich finde ich diese, für mich scheinbar so unwesentlichen Gespräche, beruhigend.
So unpersönlich. Gar befreiend im Vergleich zu dem inneren Dialog, den ich führe. Doch die Worte um mich herum, sind in meiner Welt nicht mehr als Hintergrund Musik, um abzulenken von den wichtigen Umständen. Lyra fragt Katinka wie es ihr geht, und ich erinnere mich auch an ihr zugegen Sein in meinem Traum. Auch Lyra sah Katinka sterben und mein Blick heftet sich an ihr fest. Ich wünschte, ich könnte sehen was sie fühlt. Fühlt sie? Ich glaube ja, denn ihr Blick wiederum, ruht sorgenvoll auf Katinka. Diejenige, die mich hier her geholt halt. Diejenige, die mir Einblicke in eine Welt ermöglicht hat, die kaum ein Mensch vor mir hatte. Sie ist diejenige, die mein Todesurteil unterschrieben hat, an dem Tag, an dem sie mich ansprach. Und ich liebe sie trotzdem. Mich befällt das Bedürfnis, diese Frau zu halten, ihr nah zu sein und ich schmiege mich an, wie ein Kind, dass um seine Mutter fürchtet. Und Katinka wundert sich nicht einmal. Beruhigend legt sie mir ihren Arm um die Schultern, tröstlich und ich bin glücklich sie nicht verloren zu haben. Ein kurzer Frieden für meine Seele.
Als ich mich aufrichte, zum ersten Mal lächelnd an diesem Abend, fühle ich diese Kühle in meinem Nacken. Der Drache auf meinem Rücken revoltiert. Ich spanne mich unwillkürlich an, und sehe zu Katinka und ihre Augen bestätigen meine Vermutung.. Nein… meine Gewissheit. Malfeis steht hinter mir, so nah als hätte ich ihn dazu eingeladen. Unverschämt. Sich nicht scherend, um so etwas banales wie Privatsphäre. Und noch viel mehr. Sich boshafter Weise bewusst, wie unangenehm es mir ist, ihn in meiner Nähe zu wissen. In Katinkas Nähe. Aber anstatt mich umzudrehen und ihm zu erklären, dass er das ja auch bitte sein lassen könnte, sucht meine Hand zitternd nach Katinkas. Meine Lippen zusammengepresst schweige ich. Ach ich armes wehrloses Kind. Ich wünschte….
Dann ist er weg und ich habe den unbedingten Drang meine Lungen mit wertvollem beruhigenden Nikotin zu füllen.
Als ich mit Georg draußen stehe, beginne ich mich langsam wieder zu entspannen. Kühl ist es geworden und mein Atem hinterlässt sachte Nebelschwaden in der Nachtluft. Wir führen Small talk und ja ich bin auch dafür dankbar, er verkauft Drogen, und als ich  ihn darum bitte mir welche mitzubringen erklärt er mir fürwahr… es wäre nicht gut für mich. Da findet mich das Lachen wieder. Alles ist ein Scherz oder?
Sekunden werden zu Minuten, werden zu Stunden und wie meistens, unachtsamer Weise meinerseits, finde ich meinen Weg zum Rauchen alleine. Ohne Obhut. Andererseits, hätte es auch nur der geringste unter Ihnen auf mich ab gesehen, würde es mich schon nicht mehr geben.
Ein kleiner Vorraum, nur durch eine Scheibe von der Nacht getrennt, und ich erblicke Schlayers als würde es körperlos umher schweben. Oh ja, es brennt mir auf der Seele. Was in der Anglitz, Welt, kann ihn so quälen? Als würde er es ahnen, tritt er ein und blickt mich fragend an. Sofern ich dass unter seine Sonnenbrille rein interpretieren kann. Verdammt, scheint für die Kainiten der Mond zu hell? Wir reden. Nicht belanglos, nicht zu tief. Ich sehe ihn mit anderen Augen. Jetzt. Und mir ergeht es nicht viel anders als Katinka. Ich wünsche zu verstehen. Und ich kann, seine Art zu sein, glaube ich, mehr achten als noch…. zwei ..drei Monate zuvor?
Dann öffnet sich die Tür und der Flüsterer tritt zu mir. In gehabter Manier. Da er so dicht vor mir steht, kann ich seine Anwesenheit nicht ignorieren. Ein Ahn des Clan des Mondes. An und für sich sollte ich mich wohl in den Staub werfen. Aber um ehrlich zu sein bin ich viel zu zittrig, um auch nur gefahrlos von meinem Stuhl zu rutschen. Und ich hasse mich dafür. Also neige ich meinen Kopf und nuschle ein ungenaues….. Malfeis. Ohne ihn anzusehen.
Blicke niemals einem Vampir in die Augen. Sagte Thomasso zu mir. Sagte Katinka zu mir. Wie oft ich diesen Ratschlag schon gebrochen habe, kann ich gar nicht zählen, aber bei Malfeis fällt es mir glühend heiß ein. Und auch Schlayer kann ich nicht mehr ansehen. Glaube ich doch, er sieht die Angst in meinen Augen und…. den Unwillen mich zu fürchten. Was könnte Malfeis schon tun? Mich töten? Und dann? Tot bin ich so oder so. Und wenn ich meinen Tod nicht überlebe, tja, würde es mich schwerlich noch stören können. Also was soll der Geiz?
Doch meine Zigarette will und will nicht ruhig liegen in meiner Hand, wenn er schweigend neben mir steht und mich ansieht. Einfach nur ansieht. Oh Anna, was bist du sensibel….
Was zum Teufel will er denn? Sich Laben an meinem Beben? Mich dazu bewegen etwas unüberlegtes zu tun, damit er einen Grund hätte mir etwas anzutun was ihm Katinka et Malekin nicht verzeihen würden??? Aber die kleine Stimme in meinem Kopf lacht mich aus. Sagt mir, dass dieser keine Gründe bräuchte.
Das es ihm egal ist, ob ich ihn fürchte oder nicht.
Was treibt ein Wesen dass viele Leben gelebt und noch mehr vernichtet hat?
Ich drehe meinen Kopf, sehe ihn für eine Sekunde an und habe wirklich Angst.
Was bewegt so ein Wesen dazu mich… Mensch… anzusehen.?
Mein Herz stocke und ich erinnere mich daran, dass es nicht immer gut ist alles zu wissen.
In der nächsten Sekunde……….. oder ist es eine Stunde und ein neues Zusammentreffen später. Spricht er mich an. Seine Stimme erinnert mich…. Die Schlange im Paradies die Eva verführte… ja genau.
Wie es mir ginge?
Aber jede meiner Bewegungen verrät mehr, als alles was ich aussprechen könnte.
Ich blinzle und entsinne mich. Lyra fragte ihn nach einem Traum…. jenem Traum den auch ich träumte… er lächelte sie an und fragte: ” Welcher Traum? ”

Aber er weiß, dass ich weiß. Also wage ich es und spreche ihn darauf an.
    “Ihr habt geträumt Frau Toth? ”
    “Nur Malekin frisst seine Kinder…” Wiederhole ich seine Worte und er lächelt. Wenn man das Lächeln nennen will. Doch mutig geworden.. und mürbe von dem Bangen und Sorgen werfe ich ihm die Frage ins Gesicht die mich schon länger beschäftig. “ Wie kommt es eigentlich, dass Sie immer da sind, wenn hässliche Dinge geschehen.? ” Und funkle ihn an, als hätte ich ein rhetorisches Wunder vollbracht, aus dem er sich nicht mehr rauswinden könnte.
Doch Malfeis, faltet nur seine Hände, lässt die Frage , eine Kunstpause lang im Raum schweben, beugt sich näher zu mir, dass ich Maus sein möchte um mich besser verkriechen zu können und fragt: “Warum glauben sie dass diese Dinge von mir ausgehen. Ist es nicht vielmehr so, dass sie sich um sie drehen. Dort sind, wo sie sind? ” Und nimmt mir jeden Wind aus den Segeln. Meine Gedanken rotieren. Wer ist in wessen Träume? Kann ich sicher sein, dass die vielen, mich erschreckenden Geschehnisse sein Werk sind? Ich mein… kann ich SICHER sein? Bestünde nicht die Möglichkeit.? Suche ich? Verursache ich?
“ Sie wissen, was man ihrem Clan, dem Clan des Mondes nachsagt? ” Bohrt er weiter.
Ich will mich wehren. Ich weiß es wohl. Aber ich bin doch nur ein Mensch. Wie könnte ich, derartiges veranlassen?
“Aber ich lebe! ” Entgegne ich  impulsiv.
“Sie wissen, doch, was man ihrem Clan nachsagt. Visionen. Träume. …” wiederholt er.
Ich war mir immer so sicher. Dass mir Malekin die Träume schickt, oder Katinka… oder er selbst… Der Malfeis. Ich bin Beobachter. Ich sehe nur zu. Aber würden Dinge geschehen, wenn es keinen gäbe darüber zu berichten? Weiß ich ob es das Nebenzimmer wirklich gibt, bis ich nicht selbst dort wahr? Erschaffe ich nicht meine Welt indem ich sie wahrnehme? Ich… Ich wende meinen Kopf beiseite und schlucke die Tränen der Unsicherheit hinunter. Dann werde ich ganz ruhig. Der Malfeis lügt nicht. Er quält mich, indem er Fragen stellt, die ich mir selbst nicht stellen will. Und dass, da ich mich doch so sehr in Ehrlichkeit mir selbst gegenüber übe.
    “ Ich.. ” Flüstere ich schon fast. “…mag sein, ….wie heißt es so schön… man sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht? ” Zitate sind etwas wundervolles. Warum Aussagen über Zustände machen, die irgendwer, irgendwann schon mal besser zum Ausdruck gebracht hat? Und Außerdem kann man sich dabei hervorragend um Antworten drücken.
    “Und sehen sie den Wald oder die Bäume Frau Toth!….. Sehen sie den Wald…….. oder die Bäume? ” Dann ist er wieder verschwunden und lässt mich mit dieser Frage allein.
……….mich würde wirklich interessieren was sie an Ihnen finden Frau Toth.
Tick .Tack. Tip. Tapp. Trip .Trapp Trapped.
Da sitze ich, rauche meine Zigarette zu Ende, fühle wie sich der Rauch meine Lunge hinab kratzt. Ich habe zu wenig geschlafen die letzten Tage, mein Kreislauf will nicht ganz so wie er sollte, ein lautes Geräusch und ich schrecke zusammen, mein Puls macht Sprünge und beruhigt sich wieder. Das Nikotin breitet sich in mir aus, kriecht in mein Blut, mein Blut läuft in meine Beine und ich bekomme weiche Knie. Fühle mich schwach. Für einen Augenblick wird mir bewusst was ich nicht sehen will.
Das Netz der Spinne. Dort hänge und beobachte ich, wie jeder hier sein Spiel spinnt. Wer weiß, wie lange ich hier noch unbehelligt verharren hätte können. Doch ich kann nicht länger still halten. Muss mich bewegen. Und die Spinne hat's gemerkt, sie wandert scheinbar zufällig um mich herum, ihre Kreise enger ziehend und je näher sie ist, umso mehr zapple ich. Nichts was ich dagegen tun könnte. Der sichere Boden liegt soweit unter mir, dass ich einen Fall dorthin nicht überleben würde.
Doch hat die Spinne ausgesponnen, ist mein Leben ausgeronnen..
Ausgeronnen. Ha Ha.
Red Bull. Ich will Red Bull, ich quäle mich in die Kälte und auf dem Weg zurück steht Schlayer da. Himmel, ich kann ihn so wahnsinnig schlecht einschätzen. Wir sind allein…. Und ich ergreife die Gelegenheit am Schopfe.
    “Was könnte ein Wesen wie Sie zum weinen bringen….? ” Frage ich und er…. er antwortet mir. Obwohl ich dachte, er würde mir wohl den Kopf abreißen, würde ich es auch nur im Ansatz wagen ihm Emotionen zu unterstellen. Mein Kopf ist noch dran und ich lausche seinen Worten. Auch er spricht Wahrheit… Und… es klingt so sehr vernünftig was er spricht. Hätte mir jemand vor einem halben Jahr erzählt, dass ich Schlayer mal sympathisch finden würde hätte ich ihn kommentarlos ausgelacht… Andererseits… was wäre wenn man mir vor einem Jahr erzählt hätte, dass Vampire unter der Menschheit hausen.
Malfeis tritt hinzu, blickt zwischen uns durch und erklärt mit ruhiger Stimme, dass das Elysium jetzt aufgelöst sei. Warum fühle ich mich wie das Auge in dem Dreieck auf meiner Schulter?
Zurück im Warmen, erzählt uns Malekin, was uns Katinka am Anfang des Abends erzählt hat und mehr. Ich lausche, aber meine Gedanken drehen sich um Träume, Schlayer… Malekins und Schatten die böse Dinge flüstern.
Lyra neben mir. Small talk.
Da tritt Malekin auf sie zu. Katinka liebevoll in seinem Arm haltend.
    “Lyra… oder Frau Reuter? ” Sagt er leise und die Ruhe, die ich mir über den ganzen Abend hinweg zurückerobert habe, bröckelt zu Boden. Mein Körper beginnt zu zittern, wie der einer Alkoholikerin auf Entzug. Gewissheit, dass meine Ahnung wirklich wird. Gelauert, die ganze Zeit in mir. Malekin spricht weiter. Ich will nicht hören was er redet und könnte es doch mitsprechen. Er bittet Lyra, von Katinka eine Blutprobe zu machen. Um fest zu stellen, ob ein Vorfall in Katinkas Vergangenheit…. Spuren hinterlassen hat. Dia-bla-bla-rie. Meine Hände legen sich über mein Gesicht und ich schüttle meinen Kopf. Nein. Nein. Nein. Nein. Ich will es schreien. Der Raum um mich herum verengt sich und nimmt mir die Luft zum Atmen. Alle Anwesende verschwinden und was bleibt, ist was ich schon kennen gelernt habe.
Malekin et Katinka, wie sie vor der schwarzen Hexe stehen und um Lösung bitten.
Lyra, teilt meine Angst. Ja.. sie fühlt… und weißt Malekins bitte zurück.
Doch ich sehe die Spinne, wie sie ihre Kreise zieht, ihr Spiel spinnt und anfängt ihre Fäden einzuholen. Mein Herzschlag stoppt. Lyra wird es nicht verhindern können. Ihr Sire lässt sie tun, was sie nicht tun will. Tu was du willst…. Oh bitte… Tu doch was du willst. Aber das kleine Intermezzo hat mir Gelegenheit gegeben zu Denken. Das letzte Mal war ich nur Beobachter, aber diesmal bin ich dabei. Egal wer ich bin, ich will nicht zulassen dass Katinka wieder stirbt. So folge ich der kleinen Gruppe, halte mich an Katinka, lege besitzt ergreifend meine Arme um sie und flüstre ihr zu, was ich weiß. Von dem Traum. Von ihrem Tod. Nur Malekin frisst seine Kinder. Sie ist nicht mehr die letzte. Ich weiß es schon. Sie muss die Probe nicht machen. Ich kann es ihr sagen…
Doch egal was ich mache, der Wagen rollt. Wie ein Film, den ich nicht abschalten kann.
Malekin beißt in Katinkas Hand. Ihr Blut dringt aus dem kleinen Loch, Malekin nimmt es auf und reicht es an Lyra weiter, die es probiert.
Starr vor Schreck.
    “ Und? ” Seine Stimme klingt lauernd und meine Augen füllen sich mit Tränen. Wegziehen will ich sie. Aber Mondenkind bemerkt es nicht.
Die Hexe nickt, der Malfeis lächelt, Malekins Augen weiten sich erzürnt und Schneewittchen weiß nicht was ihr geschieht. Ich will mich vor sie stellen.
Doch ein Blick aus Malekins Augen lässt mich weichen, ob ich will oder nicht.
So bin ich wieder der Beholder und was ich beobachte fügt sich zu dem Satz der mir nicht mehr aus dem Kopf gehen will. Nur Malekin frisst seine Kinder.. Nur Malekin …sein Kind…. Katinka… dass er am Halse packt und hochhebt. Sie zu sich zieht und ich befürchte schon den Kuss. Aber Mondenkind wehrt sich, strampelt, fleht ihn an… jammert. Er stößt sie weg, vor sich hin, jagt sie durch den Raum und beschimpft sie … Nur ein Malekin in jeder Generation. Nur EIN Malekin in einer Generation. NUR Malekin frisst seine Kinder. Ich will dazwischen, doch ein eiserner Griff legt sich auf meine Schulter. Schlayer?
Dann steht sie fast neben mir. Ich blicke Katinka an. Katinka sieht zu Malekin. Und Malekins Augen brennen auf meiner Haut.
    “ Vielleicht hab ich mich geirrt! ” Flüstert er, mehr zu sich selbst. “Vielleicht bist du ein Fehler. Und es war schon immer Anna .” Er macht einige Schritte auf uns zu und in seinem Kopf tickert es. “Vielleicht sollte Anna dort sein, wo du bist. Und du dort… wo Anna steht. Vielleicht war es mein Fehler….. ” Schmerz in seiner Stimme. Ich verstehe nicht was geschieht.
Da ändert sich alles. Katinkas Stimme überschlägt sich.
    “Ein Fehler??????? ICH??? EIN FEHLER???????????????????? Ich gehör zu DIR. ICH bin MALEKIN!! ” Schreit sie wutentbrannt und ihr Zorn wendet sich gegen mich. Wie ein Furie stürmt sie auf mich zu und packt mich am Kragen. Und wenn mir auch das Herz in die Knie sinkt, muss ich immer noch für sie fühlen. Kann sogar verstehen, dass sie mich hasst. Sie stößt mich weg geht auf Malekin zu. Das Kind Katinka. Mondenkind. So ganz und gar nicht artig.
Er packt sie an ihrem Kopf und scheint sie zu Boden zu zwingen. Doch Schneewittchen ist erwachsen geworden und hebt ihre Hand gegen ihren Schöpfer sie stößt ihn von sich und er hat nichts dagegen zu setzten. Nicht genug. Sie stürmt ihm nach und die beiden kämpfen wie die Tiere. Es sind Tiere, verbeißen sich ineinander und wälzen sich am Boden… kein ungleicher Kampf.
Meine Welt ist ein Stummfilm.
Keine Laute dringen mehr zu mir durch. Meine Beine versagen und ich gehe in die Knie. Die beiden leblosen Körper betrachtend, die so ineinander verdreht sind, dass sie eins sind. Eine Melodie in meinem Kopf.
Ein Wahn, kein Sinn.. sieh was ich bin… sieh was sie sind…. mein Kind.
Ein Wahn, kein Sinn, vergiss was ich bin.. was geschah ist  wahr.
Die Spinne hält im wandern inne und lächelt mich mit ihren 8 Augen an.
Und eine Stimme flüstert in meinem Kopf…
    “Schließ deine Augen und zähle rückwärts. 777…………………………………….. und wenn du bei 0 bist hört dein Herz auf zu schlagen und Toth ist tot. ”

Ein Wahn, kein Sinn… sieh was ich bin und was ich war, ist nicht mehr da…..

Langsam kehrt die Welt um mich herum zurück. Aber ich habe keinen Nerv für sie.
Malekin vs Katinka leben. Er entlässt sie aus dem Kindes Status. Verbannt sie nach Freising. Er liebt sie und murmelt immerzu er würde einen Weg finden. Einen Weg finden.
Nur ein Malekin in jeder Generation.
Eine Hälfte meines Seins löst sich von mir, verkriecht sich in Gefilde zu denen ich keinen Zutritt habe.. und lässt eine Anna zurück die fast normal ist. Stark genug um eine Katinka im Arm zu halten, die um Vergebung fleht. Sie tote lebt. Für Anna genug um sich glücklich zu fühlen… oder zumindest nicht unglücklich.
Die restliche Nacht besteht aus Gesprächen. Sinnvoll, sinnlos. Rätsel raten.
Nie wieder will ich mir Wünschen, dass meine Träume wahr werden.
Alles ist Wahnsinn. Ein Ringelreigen. Tu was du willst ist das ganze Gesetzt. Aber was wenn du nicht tun kannst was du willst?… Gesichter fluten heran, blicken mich an, verblassen und treten wieder in den Hintergrund. Wie das Meer, das stetig seine Wellen an den Strand wirft. Neverending Story.
Und die Spinne kichert leise…. 776… und tanzt weiter.
 

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