…stirbt….

Malekin Katinka empfängt mich auf dem Weg nach drinnen.
Sie führt mich zu dem Prinzen und erbittet die Erlaubnis…die Erlaubnis mich zu (TÖTEN!) Ihresgleichen zu machen. Bevor Gina antworten kann, nimmt Thomasso das Wort an sich und erklärt den Anwesenden meine Umstände. Den Zwist zwischen Giovanni und Malekin…er verkündet, ich stünde ab heut unter dem Schutze der Familie. Ich bin ihm dankbar, aber kann ihm, will ihm nicht folgen…schließlich knie ich gerade vor dem Prinzen und warte noch immer darauf, dass sie mein Ableben gestattet. Sie tuts und auch wenn es sicherlich das ist, was ich will…sackt mein Magen in sich zusammen und mir wird ganz komisch!
Ein roter Sessel vor eine Spiegel. Ich bleibe davor stehen und blicke mich an.
Lebend Mensch.
Ich bin Toth. Anna. A N N A.
Katinka nimmt mir meinen Mantel ab, es ist kühl und ich will den Blick nicht von meinem Angesicht nehmen.
Ein Wahn, kein Sinn…sieh was ich bin. Ich lebe! Ich bebe! Und du weiß was ich will.
Wie in Trance nehme ich den Schal um meinen Hals ab, er fällt achtlos zu Boden. Setz dich Kind. Setz dich! Erwarte deinen Tod Toth.
Wie schwer ganz einfach Abläufe sein können.
Eine Dose Red Bull austrinken.
Sich in einen Sessel setzen.
Das Buch Malekin liegt auf meinem Schoss. Meine Hände darauf, als würde es mir Kraft geben.
Die Kainiten stehen im Kreis um mich. Da wird Leben genommen werden. Endlich hört Anna auf Mensch zu sein! Mensch der ich bin. Mensch.
Wie fühlt sich ein Mensch der sich freien Willens töten lässt und neu erschaffen zu werden?
Er glaubt es nicht. Ich glaube es nicht. Ich kann mir nicht vorstellen was geschehen wird! Mein Kopf weiß. Ich habe gefragt und man hat geantwortet. Aber ICH kann nicht mehr fühlen als Unsicherheit. Ich klammere mich an die Gewissheit, zu Katinka zu gehören. Mein Licht in Dunklen. Mein Halt in Nichts.
Sie steht neben mir. Vor meinem Innere Auge sehe ich unser Bild im Spiegel. Von hinten wie von vorn…
…und Malekin beginnt zu sprechen.

“Höre nun. Wir sind Malekin. Wir sind das Buch. Kain schuf Enosch. Kain schuf Zillah. Kain schuf Irad.
Doch Kain schuf auch Malkav. Und Malkav schuf Malekin. Und er gab ihm eine Aufgabe. Er sollte die Scherben des Spiegels zusammenfügen, den Kain zertrümmerte. Denn nur so kann ergründet werden, wie Kain den Spiegel durchdrang. Und Malekin ging und schuf Malekin und der schuf Malekin, dessen Kind Malekin heißt.
Und so erschuf Malekin meinen Ahnen und ich erwählte Malekin und Malekin erwählte Malekin, die Dich erwählt.
Wir sind die Scherben des Spiegels. Und wenn das Ende kommt, dann werden wir zusammengefügt werden in Kain. Und wir werden den Spiegel durchdringen. “

Seine Worte dringen in mich. Es schauert mich. Gänsehaut. Mein Tod. Mein  Tod blick mich an. Ich kann seinen Blick nicht erwidern. Bin leer. Kann nicht mehr denken. Nur noch hören. Nur noch fühlen.
Existieren. Wie tot, war ich ? Wie tot werde ich sein?
(Ich werde dich nicht warten lassen, ich verspreche es dir! Keine Ewigkeit im Tod)
“Die Zeit des dünnen Blutes hat begonnen.
Dein Blut wird dünner sein als das von Malekin. Darin liegt Deine Macht.
Denn in unseren Kindern nähern wir uns dem Untergang. Ihr Anfang ist unser Ende. Ihre Existenz ist unsere Erschaffung. “ spricht er weiter. Hitze in meinem Gesicht. Kann nicht mehr zittern.
“Und nun Anna? Wirst Du uns erschaffen? Wirst Du uns umarmen und uns den Kuß des Todes geben? Wirst Du die Erste unseres Clans werden?
Bejahe, und wir werden Dir ein Geschenk machen.”
Malekin ganz nah. Kann ihn riechen. Kann seine Nähe fühlen ohne zu sehen. Seine Worte sind mehr als Worte. Sie sind Wahrheit. Er macht mir Angst. Ich habe keine Angst.

“Verneine, und wir werden Dir ein Geschenk machen.
Und Du wirst uns verfluchen.”

Diese Wahrheit nimmt mir alles. Ich HABE Angst. Kann nicht weinen, kann nicht flüchten. Wie menschlich wäre ich, hätte ich keine Angst. Was tun? Mich wehren? Ich sträube mich und sträube mich nicht. Uneins. Dann spricht Malekin und ihre Stimme streichelt mich, gibt mir Kraft. Lässt mein Herz ein letztes Mal höher schlage und bestärkt mich in dem was mein Wille ist. So wie sie zu sein. Ihr nah zu sein. Auf immer und ewig. Forever and Always.
So spricht sie die Worte:

“Dies sind unsere Gesetze

Ich bin Caine, der Vater Deines Vaters.
Du sollst Dich nicht offenbaren den Sterblichen
Du sollst die Domäne Deines Nächsten achten
Du sollst Dich Deinem Ältesten offenbaren, wenn Du seine Domäne betrittst
Du sollst keine Nachkommen zeugen ohne Segen Deines Ältesten
Du sollst die Sünden Deiner Nachkommen verantworten als wären es Deine Sünden
Du sollst Deinen Nächsten nicht zerstören, wenn Du nicht selbst zerstört werden willst

Nun frag' ich noch dreimal und dann nimmermehr:
Willst Du so werden wie wir? “

Will ich so werden wie sie? Will ich so werden?…Will ich? Ich will…Katinka.

“Ich will so werden wie du.” Antworte ich leise, beuge mich vor um sie näher zu sehen. Aus ihrem Anblick Kraft zu ziehen. Und die Mischung aus Freude und Schmerz in ihrem Gesicht macht mich stark Keine Zweifel.

Eins sind sie. Malekin et Katinka. Bin mir nicht mehr sicher, ob sie spricht. Oder sind es doch seine Worte? Die Stimmen klingen plötzlich so ähnlich.

“Du bist am Leben. Dein Herz schlägt. Dein Atem strömt. Du bist gesund. Du bist die Blüte.
Bist Du bereit, das aufzugeben? Bist Du bereit, anderen Menschen die Kraft und den Willen zu nehmen bis sie dahinschwinden und zu Tode siechen? Bist Du bereit, andere Blüten zu vernichten, damit Deine Dornen ewig leben? Willst Du sie diesen Preis zahlen lassen, wenn Du doch nur ein erbärmliches und verfluchtes Unleben dafür erhältst? Willst Du dein Leben geben, nur um auf ewig den Neid auf das Leben anderer zu spüren?”
Bin ich? Bin ich?

“Nun frag' ich Dich noch zweimal und dann nimmermehr?
Willst Du so werden wie wir?”

Ich bin.

“ Ich will so sein wie du…” Nicht Vampir! Wie Sie. Ich will sein wie Katinka.

“Wir werden Dich töten und Du wirst sterben. Du wirst sehen was hinter dem Spiegel liegt. Doch gerade wenn Du beginnst zu verstehen, werden wir Dich zurückholen…
(Keine Angst, ich werde dich nicht leiden lassen…ich hole dich sofort..)
“… und Du wirst Dich für immer daran erinnern, was Du gesehen hast, aber niemals verstehen wirst. Es wird immer bei Dir bleiben, im Wachen wie im Schlafen. Die Frage und der Zweifel werden Dich nicht verlassen, zu keiner Sekunde. Nicht nur nach Blut wirst Du lechzen, sondern noch mehr nach einer einzigen Antwort, die Du niemals erhalten wirst.”

“Nun frag' ich Dich noch diesmal und dann nimmermehr:
Willst Du so werden wie wir?”

Das erste und das letzte Mal in diesem Leben hebe ich mit diesem Gefühl in mir meinen Kopf, blicke sie an. Im Angesicht dessen, was geschehen wird, bleibt mein Atem aus und über meine Lippen dringt nur eine leises..
“Ja…” Mehr sichtbar, als hörbar. Das letzte Mal, dass ich in diesem Leben spreche. Die Absicht zählt und mein Schicksal ist besiegelt. ( Es war schon immer)

“Dann wird Dein Name Malekin sein!
Du solltest Angst haben, Anna. Das ist Dein Tod”

Wie menschlich wäre ich, wenn ich keine Angst hätte?
Wie menschlich bin ich denn?
Sie streicht mein Haar sacht beiseite. Ihre kühlen Finger auf meiner Haut. Doch nur kurz. Dann kann ich nicht mehr unterscheiden, wo ihre Hände aufhören und ich beginne.
Ihre Fänge an meinem Hals. Diese Sekunde bevor sie meine Haut durchbricht. Meine Hände krallen sich in das Buch. Mein Name wird Malekin sein! Mein Name wird…
Dann dringt sie in mich und ich verliere mich darin.
Tilt.

“Spürst Du es?
Katinka nahm Dir ein Drittel Deines Blutes. Dein Herz schlägt schneller, es bräuchte mehr Blut, um den Hunger Deines Körpers nach Luft zu stillen. In Deinen Gliedern verengen sich die Gefäße, kein kostbares Rot soll dort verschwendet werden. Blutgerinnsel bilden sich, da dort das wenige verbliebene Blut steht, verstopfen die Adern. Nur noch zwischen Herz und Gehirn fließt Dein Blut, zentralisiert sich, um Dein Leben zu retten.”

(…spürst du es, riechst du es…es scheint ein wundervoller Sommer zu werden.)
(…alles beginnt…und alles endet…zur richtigen Zeit, am richtigen Ort)

Sie lässt ab und ich kehre zurück. Fühl mich allein. Bin schwach. Mein Herz pumpt wie wahnsinnig. Meine Glieder sind taub. Kühl. Mir ist kalt. So kalt. Katinka? Meine Augen weit aufgerissen, doch ich sehe nicht. Alles verschwommen. Sie ist noch da. Geht um mich herum. Will mich an sie schmiege, aber mein Körper ist so träge und langsam.
Streicht sie mein Haar beiseite?
Fühle ich ihre Hände auf meiner Haut?
Ihre Lippen an meinem Hals?
Trinkt sie?
….

“Jetzt kommt der Schwindel. Bald verlierst Du die Besinnung, doch bis dahin lausche: Adrenalin kreist in Deinen Adern wie Vitriol. Doch jetzt sterben in Deinen Armen und Beinen die ersten Zellen und die Gefäße öffnen sich, um ihren Schrei nach Sauerstoff zu erfüllen. Blut fließt wieder in Deine Glieder, weg vom Herz, weg vom Gehirn. Doch jetzt reißen sich die Gerinnsel los, werden entlang getrieben zur Lunge, setzen sich fest in den Gefäßen, die Dich mit Luft versorgen. Noch während Du erstickst, noch während deine Organe versagen, noch während innere Blutungen beginnen, erlöst sie Dich vom Leben.”

(…kann mich nicht dagegen wehren, mich zu verzehren.. Dich zu begehren..dich zu nähren von meinem Blut…)
(..träume mich wies mir gefällt, Nacht für Nacht in diese Welt ..)

Wärme. Müdigkeit. Meine Welt, ganz klein. Bin nichts allein . Hab keine Angst. Noch da? Schon weg? Atme ich noch? Kraftlos. Hilflos. Koste, Trinke…ich schenk dir (mein) Leben…
Sie kostet.
Sie trinkt… In mir versinkt.

“Der letzte Funke verglüht in Deinem Geist. Allein unsere Stimme hörst Du noch.
Es wird dunkel um Dich, der Zwang zum Atmen ist nicht mehr zu verspüren. Frieden. Du bist blind. Dein Cortex fällt dem Sauerstoffmangel anheim, kann keine visuelle Information mehr verarbeiten.
Ist das ein Tunnel aus Licht, den Du siehst. Nein, daß ist nicht der Weg zu Gott, sondern die letzte Sehbahn, die noch funktioniert, ein Teil Deines Zwischenhirns. Die Stimmen die Du hörst, die Gesichter, an die Du Dich erinnerst. Eine Gnade der Natur, keine Engel. Der letzte Teil Deines sterbenden Geistes schenkt Dir angenehme Erinnerungen. Jemand ruft Dich von der anderen Seite? Ruft Dich durch das himmlische Licht?
Nein. Du wirst nicht gehen. Du hast Deine Wahl getroffen.
Das Licht verlöscht. Und Du bist.”

(Keine Ewigkeit im Tod Anna. Ich werde dich nicht warten lassen)

“Tot.”

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