COH – Frost Part IV

2 Wochen lang es zurück.
 Vor 2 Wochen hatte er sie geküsst, dieser Caleb. Colds Gefühle… Er
 mochte das Bild nicht in seinem Kopf. Auch wenn alles so geteilt war. Wie oft
 hatte er sich von Herzen gewünscht, sie möge glücklich werden. Immer wenn sie
 alleine ging, ihre Arme um sich schlang oder  auf ihre Weise in die Nacht
 hinaus starrte.
 Es war ihm, als wäre es seine Schuld. Als hätte er sie an sich gebunden,
 als wäre er dafür verantwortlich, dass sie so alleine war wie er. Wie hätte
 er dies einem so wundervollen Geschöpf wie ihr wünschen sollen?
 Niemals. Er hatte mehr als einmal im Stillen darum gebeten, sie möge sich
 verlieben und glücklich werden, damit er sie wenigstens von weiten
 Lächeln sehen konnte. Die Kälte und die Einsamkeit war sein Schicksal, nicht
 Ihres.
 Dennoch. Dieser Moment, in dem sie sich den Lippen dieses Mannes
 überlassen hatte brannte in seinen Gedanken. Er war nicht böse auf sie.
 Es tat ihm sogar leid, dass….das sie geflohen war – er wusste warum. Es
 war ihm mit absoluter Gewissheit klar, dass dieser Zwiespalt in ihm so
 gravierend war, dass sie es gefühlt haben musste. Sie war ihm nicht so
 fern…das war es auch, was es manchmal so schwer machte.
 Ein Fremder könnte ihm wohl unterstellen, das ein Teil seiner selbst sich
 heimlich wünschte, ihre Liebe würde ihm auf immer Treu bleiben. Doch dem
 war nicht so.
 Cold war sich mehr als nur bewusst darüber, wer und was er war und ebenso
 herrschte Gewissheit darüber, dass es für sie und ihn keine Zukunft
 gäbe.
 Wie könnte er behaupten in irgendeiner Weise etwas positives für sie zu
 empfinden, würde er von ihr erwarten sein Schicksal zu teilen.
 Diese Gedanken hatte er mehr als hundertmal, tausendmal gedacht. Manchmal
 hatte er ein schlechtes Gewissen, weil ihre Liebe so untrüglich schien,
 weil sie in all den Jahren, nie daran gezweifelt hatte und seiner harrte und
 er?
 Er konnte beim besten Willen nicht sagen, es ginge ihm genauso.
 Bevor er wurde, wer er war, war das mit der Liebe schon…eine Sache für
 sich. Er hatte nie viel Gedanken daran verschwendet. Liebe findet sich
 schwer in Oberflächlichen und schnell wechselnden Beziehungen. Er hatte es
 nie vermieden. Er hatte es nie gesucht. Eigentlich, wäre ihm ja noch ein
 ganzes Leben dafür geblieben.
 Eigentlich.
 Mit dem 'Tod' Barys hatte sich seine wenigen Gedanken diesbezüglich
 alsbald ganz eingestellt, bis zu dieser Sekunde, als sie ihn küsste.
 Es war nicht – es war nicht so gewesen, als hätte sie mit einem mal
 alles gelöst und er begriffen, dass er sie liebte. Er war mehr überrascht
 und…ja ..natürlich angenehm berührt. Für diese wenigen Sekunden.
 Dann die Katastrophe und er war sich 100% sicher, er hätte ebenso sein
 Leben für sie gegeben, wenn sie ihm nicht unmittelbar davor ihre Gefühle auf
 so liebevolle und doch zurückhaltende Art und Weise näher gebracht hatte.
 Sie war in seinen Augen ein Mensch, der es Wert war sein Leben dafür zu
 geben. War das Liebe?
 Vielleicht eine Art von? Er konnte es nicht sagen. Es überwog sein
 schlechtes Gewissen. Hätte sie ihn nicht geküsst, hätten sie
 zusammen…zu zweit…. Gemeinsam hätten sie die Meute lange genug halten können, bis die Verstärkung gekommen wäre. Nur ihre Liebe für ihn, die er nicht mal verdiente, war Schuld daran, dass sie……………für immer gezeichnet  war.
 Wann immer er an den Kuss dachte und sich ein Hauch von Wärme in sein
 Herz stehlen wollte, führte er sich mit an Masochismus grenzender Härte vor
 Augen, welches Leid er über sie gebracht hatte.
 Und diese langen Jahre lang, die er über sie wachte. Weit entfernt von
 ihrem wachsamen Blick. Es war nicht Liebe die ihn trieb, er war sich sicher. Es
 war Sorge und Schuld.
 Vielleicht ein wenig Ehrgeiz, sollte sie doch nie wieder Schaden nehmen,
 nur weil er schwach oder unaufmerksam war.
 Der Gedanke, der kleine Gedanke vor all diesen Jahren, vor dem Kuss…das
 etwas in ihm gewesen war, was sich den Kuss gewünscht hatte – er hatte ihn
 nicht vergessen, es erinnerte ihn daran, dass er nie wieder egoistisch
 sein durfte.
 
 All dies, noch viel mehr und noch viel weniger ging ihm durch den Kopf,
 als er den Weg durch den Park nahm in Richtung Syras Kunstschule. Sie malte
 noch immer. Er hatte gehört dass sich kleine Gruppen von Freaks nach Talos
 geschlagen hatten und wollte sich vergewissern, dass ihr niemand auf dem
 Weg nach Hause auflauern würde. Er wusste faktisch immer wo sie war.
 Sorge und Schuld.
 Es war schon fast 22 Uhr, als ihn nur noch wenige hundert Meter von der
 Anderen Seite des Park es trennte. Nicht unweit davon war auch Syras
 Schule.
 Auf dem dunklen Parkweg kam ihm eine junge Frau entgegen. Das Oberteil
 eine enge Lacklederimitation, ein Rock der um ein Haar zu kurz war, hohe
 Plateauschuhe und halterlose Netzstrümpfe.   Hellblaues Haar, dass ihr
 halb ins Gesicht hing. Das sie  trotz dieser seltsamen Kombination nicht billig
 aussah, musste an ihrer Ausstrahlung liegen. Wie sie ging, oder etwas in
 der Richtung. Er machte sich keine tiefer gehenden Gedanken darüber. Sie war
 zweifelsohne hübsch und Bary, Bary hätte sie sich sicherlich nicht
 durch die Finger schlüpfen lassen.
 Doch Cold mochte sich mit einer hübschen Oberfläche nicht mehr
 begnügen, selbst wenn er nicht auf jede……..fast jede….Frau abschreckend wirken würde.
 Tatsächlich sah er sie nur kurz an, nahm zur Kenntnis das sie hübsch war
 und vergaß sie sofort wieder, als sie sein Blickfeld wieder verlassen hatte.
 Als er den Park verließ, bogen ein Pulk junger Männer gerade in diesen
 ein. Sie trugen Anzüge, die locker saßen. Auch wenn es in seinem Hinterkopf
 kurz klingelte, etwas dass nicht ganz passte, schob er den Gedanken
 beiseite…dort auf der Anderen Seite öffnete sich die Türe der Schule
 und Syra kam in Begleitung einer anderen Schülerin heraus. Sie redeten und
 Syra lächelte und dieser kurze Moment lies ihn eben all die anstrengenden
 Gedanken vergessen.
 Hübsch war sie, die Jahre hatten aus dem Mädchen eine Frau gemacht und
 er hatte keine Sekunde daran verpasst. Doch gerade jetzt, wie sie dort so
 stand, in diesem schwarzen kurze Kunstfellmantelm, den schwarzen
 Winterstiefel und über alledem ihr nicht zu bändigendes grünes Haar,
 war sie so schön, dass es ihn für einen Moment stach.
 Er überlegte, ob er vielleicht zu ihr gehen sollte. In aller
 Freundschaft, er wollte ihr davon erzählen, wie sehr es ihn quälte, dass sie wegen ihm Leid zu tragen hatte. Mit ihr zu reden würde sicherlich helfen. Er hatte gern mit ihr gesprochen.
 Vielleicht gab es einen Weg für beide einander beizustehen. Es schien
 möglich. In diesem Moment schien es ihm möglich. Gerade wollte er einen
 Schritt über die Straße tun, da fuhr ein dunkelbrauner Wagen vor. Nichts
 besonderes und Sekunden später stieg Caleb aus und sagte etwas zu Syra.
 Deren Lächeln verschwand, sie wirkte hilflos ihre Freundin stupste sie
 mit
 dem Ellbogen, dann lächelte Syra wieder schief, zog die Schultern etwas
 schüchtern hoch und nickte.
 Eine Verabschiedung an die Freundin, dann stieg sie in Calebs Wagen, der
 hielt ihr die Beifahrertüre auf und mit dem dumpfen Geräusch mit welchem
 er die Wagentür wieder schloss, verpufften auch Colds hoffnungsvolle
 Gedanken wieder.
 Wieder war dort diese Bild, wie Caleb sie geküsst hatte.
 Sie hatte die Augen geschlossen und es genossen.
 Er gönnte Syra den Moment des Glücks, aber….
 …aber er neidete es Caleb.
 Wer wusste schließlich, ob er gut genug für Syra wäre.
 
 Gerade als er sich um wandte hörte er gedämpftes Männer lachen aus dem
 Park.
 Etwas an dem Unterton gefiel ihm nicht daran. Während er sich langsam in
 Bewegung setzten und überlegte, was an dem Lachen nicht passte fiel ihm
 der Trupp junger Männer wieder ein. Auch an ihnen war etwas unstimmig
 gewesen.
 Sie trugen zwar Anzüge wie viele hier in Talos aber….aber sie hatten
 nicht perfekt gepasst. Die Hosen ein Tick zu klein, die Hemden zu groß, die
 Krawatten schlecht gebunden. Auch ihre Gruppierung war, zu locker mehr wie
 junge Punks als gut erzogene junge Männer. Die Haare..glattweg alle
 zurückgegeelt…wieder das Lachen.
 Es war das Lachen, das Stärkere lachten, wenn sie sich an etwas
 schwächerem vergriffen. Er kannte es aus der Schule, er war nicht immer einer von den guten Jungs gewesen.
 Sein Körper setzte sich schon in Bewegung, da war sein Kopf mit Denken
 noch nicht fertig. Die junge Frau in dem dreisten Rock, war sicherlich eine
 Runde Spaß Wert für………verkleidete Freaks.
 Mit für seine Körpergröße beeindruckender Geschwindigkeit verfolgte er
 den Weg zurück, dem Lachen entgegen. Abgesehen davon, dass er ganz sicherlich
 einer Frau in Not helfen würde hatte er gerade deutlich Lust ein paar
 Freaks zu vermöbeln. Er wusste nicht genau warum.

Das Bild dass sich ihm schließlich bot überraschte ihn nicht im geringsten, es war ihm als hätte er es vorher bereits gesehen. Einige hundert Meter weiter im Park, abseits vom Weg stand die Frau mit einer alten Eiche im Rücken und um sie herum die Typen, deren Lachen Cold bis hier her geführt hatte. Da er sie jetzt nochmal genauer betrachtete, war es ihm beinahe ein Rätsel, dass ihm nicht schon gleich als er sie das erste Mal sah, klar geworden war, dass es Freaks waren. Zu viele Details die dafür sprachen.
Der größte von ihnen trat einen Schritt auf die Frau zu und diese verschränkte die Arme, ein wenig bockig. So richtig ängstlich wirkte sie nicht, was sicherlich daran lag, dass sie nicht wusste mit wem sie es zu tun hatte. Die Freaks mochten einfach unterschätzt werden, weil sie nie nach der Führungsspitze strebten. Sie waren mehr oder minder unorganisiert, taten was sie wollten, waren überall zu finden und nirgends. Das schlimme an ihnen war, dass sie keinerlei Ehre besaßen,kein Prinzip, sie waren launisch und grausam wie Kinder. Keinesfalls Gegner, die man auf die leichte Schulter nehmen sollte.
Der Crusher allerdings interessierte sich im Augenblick nur wenig dafür, ob die Freaks nun gefährlich waren oder nicht. Er würde sie in jedem Fall von der Bildfläche wischen. Auf die letzten 50 Meter beschleunigte er noch einmal, sprang ab und kam mit einem gewaltigen Rums nur wenige Meter von dem kleinen Auflauf zum stehen. Entsprechend seines Auftrittes hatte er faktisch unmittelbar die ungeteilte Aufmerksamkeit der jungen Männer auf sich gezogen. Sie ließen die Frau stehen und scharrten sich, um Bary, der danach aussah, als würde er mehr Spaß bringen. Sein gewaltiger Leib arbeitete schon von ganz allein, eine Welle an Kraft durch floss ihn, sie kribbelte in ihm, dann stampfte er einmal auf und seine Gegner zersprangen nach allein Seiten, ächzten und quälten sich wieder hoch. Jetzt erst recht gewillt dem Fremden in die Schuhe zu helfen. Sie stürzten sich auf ihn mit jener Eigenschaft die ihnen am Meisten lag. Unkontrollierte Gewalt. Sie stachen und prügelten auf ihn ein, einige versetzten ihm Stromstöße – für Cold war es eine Aufwärmübung. Er hatte sein Repertoire noch gar nicht zur Gänze an den Mann gebracht, da lagen sie schon alle zu seinen Füßen und rührten sich nicht mehr. Bis auf einen, der sich wohl entschlossen hatte, weiterhin mit der Frau zuspielen und seinen Kumpels den Eistank zu überlassen. Zumindest in der Theorie.
„He!“ fuhr Cold ihn an, als der sich gerade daran machen wollte der Frau zu Nahe zu rücken diese – diese stand immer noch vergleichbar ungerührt mehr oder minder an dem Baum. Der Freak jedoch hatte sehr wohl, erfasst was der Crusher mit seinen Kumpanen gemacht hatte und entschloss sich umgehend für Plan B. Anstatt dem Zuruf des Eistanks zu folgen, tat er einen Satz in Richtung der Blau haarigen und war gerade dabei nach ihr zu greifen, da verzogen sich ihre Lippen spöttisch, ihre rechte Hand hob sich und der Angreifer fand sich in einem Eisblock wieder. Zur Hälfte eingefroren, zur Gänze erstarrt.
Für einen absurden Moment lang überlegte Cold, ob er das getan hatte ohne es zu wissen. Doch die Mimik der Frau und ihr Auftritt im Ganzen legten ihm den Verdacht nahe, dass sie sich ihrer Haut vielleicht ganz gut zu erwehren wusste. Er tat ein zwei Schritte auf sie zu, faktisch neben den eingefrorenen Freak und ließ sich von ihr ganz unverblümt mustern, als sie damit schließlich geendet hatte lächelte sie ein etwas schiefes, aber nicht unattraktives Lächeln.
„…mich hat schon lange niemand mehr gerettet..“begann sie mit einer etwas dunkleren Stimme, die ohne Probleme aus einer Telefonhotline entstammen hätte können. „…schon gar nicht von so nem coolen Typ“ Ihr Lächeln wurde breiter und Cold mochte den leicht arroganten Unterton in ihren Worten nicht. Einfach weg gehen wollte er allerdings auch nicht.
„Sieht nicht so aus als würdest du wirklich Hilfe brauchen..“erwiderte er, seinerseits etwas unter kühlt mit einem Seitenblick auf den Freak dessen Eisgefängnis langsam zu schmelzen begann. Sie stieß sich von dem Baum ab und kam Cold einen Schritt entgegen, um ihm von der Nähe aus in die Augen zu sehen.
„Was eine Frau braucht und was eine Frau will…sind mal zwei verschiedene Dinge mein tapf'rer Held…!“ Bei dem Wort 'Held' fand sich durchaus etwas Ironie in ihrer Stimme, die er gepflegt überhörte. Eine ganz seltsame Frau. Etwas an ihr schien ihm dreckig, auch wenn er es nicht genau definieren konnte. Etwas an ihr ließ ihn wissen, dass sie keine dieser ….dieser…Heldinnen war. Sie troff vor Selbstbewusstsein, gepaart mit Arroganz und hatte dennoch etwas an sich was – ja…sexy war. Vielleicht sogar deswegen? Allein dass er diesen Gedankengang hatte überraschte ihn entschieden.
Sie lächelte in ihren Eis blauen Augen blitze es und dann hielt sie ihm ihre Hand entgegen. „Alicia Frost und wie darf ich meinen Retter ansprechen?“
Wie ein kleines Kind wollte er sich gegen ihre dreisten Besitzanspruchsbetitelungen erwehren, aber schon allein der Gedanke daran ihr zu verbieten ihn mit 'mein Held' zu betiteln schien ihm lächerlich. Dafür sah er nur auf ihre Hand und rührte sich sonst nicht. Ihre Hand ergriff er selbstverständlich nicht.
„Man nennt mich den Crusher – Cold Crusher…“erwiderte er und seine Stimme kratzte etwas rau. Alicia zog ihre Augen braue hoch, sah auf ihre Hand und dann wieder zu Cold.
„Aber an einer Erziehung musst du noch arbeiten Herzchen…“
Seine Nasenflügel blähten sich, als er ihr schärfer als gewollt erklärte:
„Ich wüsste nicht, dass ich dein Herzchen wäre. Spars dir.“
Sie ignorierte seine Worte und auch das knurren.
„Trotzdem ist es unhöflich eine Dame so mit ausgestreckter Hand stehen zu lassen. Du musst mir ja nicht die Hand küssen, wenn du nicht weißt wies geht…“
Für einen aberwitzigen Moment überlegte Cold, ob er in eine 'versteckte Kamera' Folge geraten war. Dann wies er all die absurden Gedankengänge von sich, sogar den boshaften Kommentar der ihm auf der Zunge lag.
„Ich habs nicht so mit Körperkontakt.“ antwortete er stattdessen, höflich prägnant.
„Schade eigentlich…“erwiderte sie und ob er wollte oder nicht, die Anzüglichkeit lies sich nicht aus ihren Worten Weginterpretieren. Es verärgerte ihn, dass ihn ausgerechnet so eine Person kalt erwischte. Kalt, erwischte. Sie lachte leise und es klang wie fallender Schnee.
„Stehst nicht drauf oder wie kommts?“
Nicht nur Arrogant sondern Ignorant. Die Eisschicht die seinen Körper überzog, war nun mal schwer zu übersehen, aber sie schaffte es ohne Schwierigkeiten. Wieder verkniff er sich eine harsche Bemerkung.
„hast du mich schon mal angesehen..“knurrte er, ungewollt konnte man aus seiner Stimme hören, dass er am liebsten nicht auf dem Thema rum reiten wollte. Als er es ausgesprochen hatte tat es ihm schon leid. Sie hingegen lächelte etwas mehr.
„Ich persönlich sehe hier einen großen kräftigen eindrucksvollen Mann………..mit Berührungsängsten…“ Sie verschränkte wieder ihre Arme vor der Brust und hatte eine derart spöttischen Gesichtsausdruck den man ihr, obwohl Cold niemals eine Frau schlagen würde…aber nur in der Theorie… Einen Gesichtsausdruck den man ihr gerne aus dem Gesicht wischen würde.
Ihm lagen einen Haufen Antworten auf der Zunge, doch er hob nur die Hand und winkte ab, lustig konnte sie sich über jemand Anderen machen. Er machte auf dem Absatz kehrt, ging los und hörte sie dann leise nach rufen und sogar näher kommen – weit war er ja noch nicht gegangen.
„Herrje bist du verklemmt. Wart halt!“ Zwei drei schnellere Schritte und sie war neben ihm. Cold blieb tatsächlich stehen. Warum auch immer. „…nun sag schon, findest du mich so abartig hässlich, dass du mir nicht mal die Hand geben willst oder woran happerts?“
„Verdammt…“ entkam es ihm und sie zog wieder die Augen braue hoch ob des Fluches – zurück wich sie allerdings nicht. Cold atmete durch. „…hör mal, was ich anfasse geht kaputt, alles klar? Ich bin schlechte Gesellschaft. Eiskalt..“ Er hob demonstrativ seine Hand und betrachtete den schwachen sublimation Nebel, der ihn umgab. „Also wenn du deine Hand unbedingt verlieren willst, kann ich sie dir schon mal halten….“ auch hier konnte er es nicht verhindern dass seine Worte von einer dezenten Melodramatik unterlegt waren. Er hasste es.
Jetzt schwieg sie tatsächlich einen Augenblick, dann zog sie ihre Mundwinkel kurz nach unten, lachte…sie lachte und es hörte sich ein wenig wie auslachen an, sie tat einen kleinen Schritt vor ihn und suchte wieder seinen Blick.
„..du hälst dich wirklich für Gottes Rache an der Menschheit, und das Leiden Christie obendrein?“ Sie hob ihre Hand und legte sie an seinen Arm, vielmehr griff sie danach und das nicht mal so langsam. „ Es tut mir Leid dich von deinem Einzelschicksal befreien zu müssen, aber du……bist weiß Gott…nicht der einzige…“
Wut stieg in Cold auf, als sie lachte, noch mehr, als sie ihn einfach anfasste, er wollte sie am liebsten weg schlagen, als ihm auffiel, dass ihre Hand noch immer auf seinem Arm lag, nicht blau anlief oder von Frost überzogen wurde und auch, dass sie munter weiter redete.
„…in dieser Stadt der seinen ganz eigenen Bezug zu Eis hat……..“
Sie sah ihn herausfordernd an und sein Blick lag finster auf ihr. Er erwiderte kein Wort. Sie sprach weiter.
„…oder fühlst du…“ Sie tat noch ein Schritt näher und war ihm jetzt, definitiv arg nah. „…meine Innere Wärme nicht.“ Diese Worte grenzen an Zynismus und hätten wieder seine Wut verstärkt, wenn ihn diese fast unfreiwillige Nähe nicht durcheinander brächte. Ihre Hand auf ihm war kühl. Nicht seine Kälte. Es war ihre. Langsam sickerte in seinen Verstand die Möglichkeit, das es offenbar Menschen gab, die seine Nähe ertragen konnten ohne zu sterben. Diese Erkenntnis traf ihn so überraschend, dass er darüber sogar die Wut über ihre Art vergaß.
„nur Kälte…“antwortet er – irgendwie. Alicia schnaubte.
„Überraschung…“erwiderte sie trocken. Ihre Hand schob sich etwas höher, beinahe wie zufällig. „…starke Arme.“
Als sie das so sagte, geschahen mehrere Dinge sehr schnell hintereinander. Zum einen ein kleines Kribbeln, das ihre kalte Hand auf ihm hinterließ. Dann der immer noch leicht anzügliche Ton in ihrer Stimme, der wirklich nur Widerwille in ihm regen wollte. Dann ein Teil in ihm, der sich eingestehen musste, die Frau so wie sie da stand anziehend zu finden, mitsamt ihrer Dreistigkeit, was ihn wiederum wütend über ihn selbst machte. Und als sie ihm nun auf so eine persönliche Ebene kam, riss er seinen Arm nicht nur weg, sondern war auch dabei sie eine Kleinigkeit von sich zu schubsen, vielmehr um sich von ihrer Nähe zu befreien, die ihn etwas verwirrte, als sie zurecht zu stutzen.
Doch soweit kam es nicht. Als seine Hand ihren Arm berührte um sie mit etwas Kraft von sich zu weisen, war es, als hätte er an eine Eiswand gefasst und nicht einen Frauenkörper berührt. Seine Kraft verpuffte an ihr, als wäre nichts geschehen. Er staunte nicht schlecht. Sie sah ihm in die Augen und währenddessen floss süßer Honig aus ihrem Mund, in Form von Worten.
„Glaub mal nicht, dass ich aus Zucker bin Süßer…“
Cold konnte nicht genau sagen warum ihm ihre Worte dieses Lächeln entlockten.
„Ach nein…?“fragte er nach und setzte einen Schubs nach, ohne wirklich Schwung zu holen und dieses mal stolperte sie eine Kleinigkeit zurück Richtung Baum. Kurze Verblüffung auf ihrem Gesicht, dann lächelte sie ebenfalls, spöttisch – aber in ihren Augen blitze es amüsiert.
„Ah, der Herr sieht sich plötzlich doch in der Lage seine Berührungsängste zu überwinden…“Um den Rest Schwung abzubauen, den Cold ihr verpasst hatte, ging sie noch ein zwei Schritte rückwärts. Cold folgte ihr, eigentlich – eigentlich wollte er gehen. Doch der Teil in ihm, der von dieser Person angesprochen wurde, wollte gerade Oberhand behalten.
„..kann es sein, dass du zu den Frauen gehörst die niemals wissen, wann sie besser den Mund halten?“ tief klang seine Stimme und sicherlich gab es einige Schurken, die das Weite ob der Tonlage gesucht hätten. Alicia hingegen, lächelte breiter, ihre Zähne so weißt wie frischer Schnee. Noch zwei drei Schritt rückwärts, dann hatte sie den Baum wieder im Rücken. Der Crusher blieb einen halben Schritt weit von ihr entfernt, und hatte sie so, ohne sie berührt zu haben an das Holz gezwängt.
Ihr Kopf legt sich etwas in den Nacken, ihre Augen huschten über ihn hinweg, beinahe sezierend, dann schien es, als hätte sie etwas entdeckt, was sie noch mehr lächeln lies.
„Kann es sein, dass ich dir gefalle..?“
Der Crusher schnaubte.
„Was bist du eingebildet…“
„Was bist du feige…“erwiderte sie und lehnte sich an den Baum, so lässig als könne er sie gar nicht meinen.
Vor seinem Inneren Augen entglitt ihm die Situation. Vor seinem Inneren Augen überwand er den letzten Schritt und bewies ihr, dass er sicherlich keine Berührungsängste hatte. Aber er wollte sich von ihr nicht so provozieren, so manipulieren lassen. Sie wäre gewiss nicht die Erste Frau die er geküsst hätte, ohne sie weiter zu kennen. Er hatte schon mit Frauen geschlafen und sich nie die Mühe gemacht deren Namen in Erfahrung zu bringen. Aber, aber das mehr Bary und Bary war doch nicht mehr? Es verwirrte ihn, das dieser Teil seiner selbst sich gerade jetzt meldete. Was ihn nicht verwirrte, war das Bary auf Alicia an sprang. Aber Cold war da Anders? Allerdings, eine attraktive Frau die unter seinen Händen nicht zu Eis erstarrte?
Eine boshafte Stimme flüsterte, das Syra und Caleb… Ein Knurren entfuhr ihm und lockte Alicias Augen braue ein weiteres Mal nach oben, er sah sogar, dass sich ihre Muskulatur spannte, als nähme sie ihn doch nicht ganz so locker, wie sie ihm glauben machen wollte.
Etwas an ihr war nicht koscher.
„Ich bin nicht zu feige, ich lass mich nur nicht so billig an Land ziehen.“
Alicias Lächeln verlor sich in einen etwas boshafteren Glanz. Sekunden lang standen sie so da, dann holte sie aus und schlug ihm ins Gesicht. Obwohl seine Haut kühl blieb, brannte sie von Innen. Geohrfeigt wie ein kleiner Junge. Ohne dass er noch nachgedacht hätte, setzte er ihr seine Pranke auf das Brustbein, drückte sie an den Baum und kam näher um zu knurren, dass sie das wohl lieber nie wieder tun sollte, wenn sie nicht verdammt viel Ärger bekommen wollte, doch irgendwo musste sein Plan einen Fehler gehabt haben, denn noch bevor er zum sprechen ansetzten konnte, fanden sich ihre Hände an seinem Nacken und seiner Seite wieder und Sekunden später küsste sie ihn und das nicht eben zurückhaltend. Ihre Zunge war ein kühler geschmeidiger Muskel und weckte sehr alte Erinnerungen in ihm, der Rest an Wut, der ihm noch in den Gliedern steckte lies er an ihr aus, was zu einer kurzen, aber sehr hingebungsvollen Knutscherei führte.
Cold war sich darüber im Klaren, dass…dass es nicht er war, der dort mit dieser Fremden stand, mit der ganz gewiss etwas nicht stimmte. Andererseits hatte ihm schon seit langem nichts mehr so gut getan. Als sie sich von ihm löste wusste er kurz nicht wohin mit sich, sie half ihm dabei ganz souverän über die Hürde.
„Nett…“ sagte sie mit ihrem diesem Lächeln. „..ich will dich wieder sehen. Nächste Woche. Mitternacht, vor dem alten Theater……….ich wart auf dich.“
Ohne seine Antwort abzuwarten, entwand sie sich der Situation und strebte in die Richtung, in die sie wohl ursprünglich unterwegs gewesen war. Cold war etwas betäubt. Diese auflodernde Leidenschaft sickerte gerade zurück nach dort wo sie herkam. Er fühlte sich ein wenig frei und ein wenig falsch und hätte die Momente eben doch nicht eintauschen wollen?
Er schüttelte sich, drehte sich um, um sich ebenfalls auf den Weg zurück zu machen, dann erstarrte er und ihm wurde kalt. Eiskalt.

*
„..ich, ich will nicht dass du..hm..mich einfach so abholst..“ flüsterte Sandra, ihre Stimme klang dünn und verlegen und sie sah Caleb nicht an. Er klang ebenfalls belegt. Dort mit ihr in seinem Auto vor ihrer Kunstschule.
„tut mir leid sy…du hast meine Anrufe nicht beantwortet und ich…ich“ seine Stimme verstarb. Seine Hände hoben sich und legten sich hilflos zurück ans Lenkrad.
„tut mir leid…“ entschuldigte auch sie sich. „..ich finds nicht fair von mir, mit dir weg zu gehen, wenn mein Herz doch bei…….ihm…..ist.“
Caleb presste seine Lippen zusammen und nickte. Ein ganzes Weilchen lang herrschte Ruhe, dann klang seine Stimme voller.
„Aber wie sollst du jemals aufhören immer an ihn..zu denken, wenn du dir nie Gelegenheit gibst jemand anderen kennen zu lernen?“
Sandra drehte ihren Kopf gen Fenster, als würde sie raus sehen.
„Mochtest du den letzten Abend nicht?“frage er einfühlsam
„Doch…“
„Mochtest du den………den Kuss nicht..“wollte er wissen, wenn auch sehr gedämpft.
„Doch…“hauchte sie gequält.
„Warum dann…?“
„Weils er ist…verstehst du? Bary ist der Mann, den ich liebe, liebte und lieben werde. Ich bin sein, ob er mich will oder nicht ich…ich ..“ sie hob ihre Hände um zu gestikulieren aber kam nicht weit. Manchmal verstand sie, warum anderen sie komisch ansahen. Wie konnte man behaupten einen Mann zu lieben, den man noch nicht mal richtig lange geküsst hatte, in dessen Armen man noch nie ein schlief und von dem man nicht mal wusste ob er dieses Gefühl erwiderte. Tränen stiegen ihr in die Augen. So viele Jahre. Mit einem Mal wog ihr Herz ihr Tonnen schwer.
Caleb bis die Zähne zusammen, nahm ihre beiden Hände in seine und sah sie an.
„Sandra…“ flehte er sie an. „ sieh mich an…SIEH mich an!“ Und sie tats, also sie drehte ihren Kopf in seine Richtung. Seine Finger schoben sich in das Band um es von ihren Augen zu nehmen, doch sie hielt ihn ab.
„nicht…“widersprach sie leise.
„…warum nicht!“ fragt er, hielt jedoch inne.
„..es würde weh tun. Eine Behinderung…“erwiderte sie ehrlich und er beließ es dabei. Schweigend vergingen die nächsten Momente, dann sprach er wieder.
„gib mir eine Chance okay? Geh mit mir weg, sprich mit mir, Verbring Zeit mit mir…okay?“
Sandra schwieg, er ließ es einen Moment geschehen und bohrte dann nach.
„Okay??“ Und sie nickte.
„Ja…“
Caleb sah auf die Uhr in seinem Armaturen Brett.
„Wollen wir zu Fuß zu dir heim? Ich bring dich“
„Das wäre schön“ stimmte sie zu und lächelte mehr. Caleb war tatsächlich ein bemerkenswert toller Mann.
Wenige Minuten später befanden sie sich auf dem Weg in den Park. Abseits vom Weg lag der Schnee Zentimeter dick. Beide blieben schweigsam, aber Sandra war bei ihm untergehakt. Es wirkte romantisch – zumindest von Aussen.
Auf halben Weg druckste Caleb rum, blieb stehen und murmelte etwas von, kurz warten und nen Baum suchen. Sandra verstand erst gar nicht, dann jedoch musste sie kichern und nickte nur. Sie gab sich Mühe ihre Aufmerksamkeit extra nicht in die Richtung zu wenden, in die Caleb verschwunden war, das schien ihr zu persönlich, so schlenderte sie vom Weg ab, ein paar Schritte in den Schnee, ging in die Hocke und strich mit der Hand über das Weiß.
Etwas weiter hinten zog ihre Aufmerksamkeit auf sich, sie konnte nicht einmal genau sagen. Es schien ihr ein wenig wie Traumwandeln, ein zufälliges schlendern in die Richtung, wie eine Motte die zum Licht strebte ohne zu wissen, dass sie es tat. Dann allerdings begriff sie und als sie erkannte, dass er dort nicht allein war, erstarrte sie in allem, wie vom Donner gerührt. So viele Jahre. So viele Jahre, in welchen sie immer ahnte, hoffte, dass er in ihrer Nähe war. Vielleicht an sie dachte, vielleicht… und dort stand er nun mit einer Frau, der er…ganz offensichtlich nah sein konnte. Also musste sich etwas in seinem Leben geändert haben. Und….und er war nicht zu ihr gekommen. Er konnte wieder jemanden nahe sein und sie war nicht die Frau an die er als Erstes gedacht hatte. Tränen bahnten sich ihren Weg unter dem Band hervor.
Die Beiden lösten sich voneinander. Sprachen etwas, dann drehte sie sich um und ging. Und Cold drehte sich und sah sie an, ebenso erstarrt wie sie es im Augenblick war. Die Sekunden zogen sich wie zäher Gummi.
Sandra zweifelte zum ersten Mal, seit sie Cold kannte daran, dass es die richtige Entscheidung für sie gewesen war ihn auf ewig zu lieben. Cold hasste sich dafür, dass es schon wieder seine Schwäche war, die sie verletzte. Obwohl er sich mit nichts dazu verpflichtet hatte, wollte er sich bei ihr entschuldigen. Einfach entschuldigen. Für Alles. Bary in ihm flüsterte etwas davon, dass es sehr wohl sein Recht wäre in seiner verkorksten Existenz eine Art von Leben zu finden. Cold brachte ihn zum schweigen. Jetzt war der Moment. Das Schicksal hatte dafür Sorge getragen, das sie sich über den Weg liefen, nur würde  er auch zu ihr gehen um zu sehen, was im Weiteren geschah und an dieser Stelle erschien Caleb hinter Sandra und Cold wurde von einer Welle von Hass erfasst. Ganz kurz. Der Abend schien ihm auf einem Mal wie ein schlechtes Theaterstück und er war derjenige der von einem Eck ins Andere geschubst werden sollte. Nicht mit ihm. Ehe es sich jemand versehen konnte hatte er sich vom Boden abgestoßen und sprang davon.
Sandra blieb zurück, noch immer in die Richtung starrend. Caleb blieb hinter ihr stehen.
„War er das?“ fragte er leise und Sandra nickte.
„Ja………hast du die Frau gesehen?“ Ihre Stimme passte gar nicht zu diesem schockierten Gesichtsausdruck. Sie klang eher hart. Caleb schon seine Unterlippe etwas vor, zog die Schulter hoch und nickte.
„Klar, die mit den hellblauen Haaren..“
„..wir müssen raus finden wer das ist..“bestimmte Sandra. Ihre Nasenflügel blähten sich etwas.
„hmm“ brummte Caleb und nickte.“ich kann ja mal wen fragen………bist du verletzt?“
Sie antwortete nicht auf diese Frage. Etwas gefiel ihr an der ganzen Situation nicht. Ihr größtes Talent war es zweifelsohne zu verstehen. Und Cold würde vieles tun, aber selbst wenn er sich in eine Andere Frau Hals über Kopf verliebt hatte, würde er sich nicht mit Gewalt mit ihr in Sandras Nähe treffen. Daran gab es keinen Zweifel. Daran GAB es keinen Zweifel. Dennoch war es geschehen. Dennoch hatte sie gesehen, was sie lieber gerne nicht gesehen hatte. Es war, wie verhext. Jahr und Tag hatte er dafür Sorge getragen, dass sie ihn nicht zu Gesicht bekam, obwohl sie ahnte, hoffte, er wäre in ihrer Nähe. Und jetzt…
Sandra konnte nicht in Worte fassen, was sie daran so störte. Aber ihr fehlte irgendwie der Sinn, hinter dem Offensichtlichen. Den Rest der Nacht brachte sie damit zu, darüber nach zu denken, was sich da nicht ins Muster fügen wollte.

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