Helena Schwarz

Regensburg, Januar 1915
Klause St. Vitus zu Prüll

“Frau  von Rappard – oder möchten sie lieber bei ihrem Mädchennamen genannt werden?”
Der Herr im dunklen Frack lehnte sich in seinem Ohrenbackensessel zurück. Seine Hände strichen, das ohnehin streng nach hinten frisierte  – etwas zu lange – blonde Haar ein weiteres Mal zurück und falteten sich danach in seinem Schoß.
Die angesprochene Dame mochte vielleicht Mitte 20 sein. Sie trug ein altbackenes beges Hauskleid, ihre Hände lagen untätig auf der Armlehne eines Stuhles, welcher vor einem Schreibtisch stand, hinter dem der Fragende seinen Platz gefunden hatte. Ihr Blick gen Fenster gewandt wirkte sie abwesend – beinah schon unecht. Dennoch folgte eine Erwiderung, wenn auch verspätet, als wäre sie gerade aus dem Schlaf erwacht.
“Frau von Einsiedel bitte…Doktor Engel, das wäre mir angenehm.”
Das Lächeln in ihren Mundwinkel, war weich und freundlich – charmant mochte man es schon fast nennen oder auch lange einstudiert./Whatever comes first/
Der Arzt nickte zustimmend und ließ sich Augenblicke Zeit, um die Dame mit dem dunken langen Haar zu betrachten. Klein, verletztlich, ganz Frau oder auch Dame. Ihre Stimme hielt sie gemeinhin gedämpft samtig, doch er ahnte, dass sie zum gegebenen Zeitpunkt auch andere Nucancen aufwarten konnte.
“Natürlich Frau von Einsiedel….ich möchte heute mit ihnen über ihre Freundin sprechen. Frau Schwarz… sie….sie erinnern sich doch an Frau Schwarz?”
“Helena….” Bis auf ihre Lippen hatte sich nichts bewegt.
“Ja. Frau Helena Schwarz. Sie….sie war doch ihre Freundin…nein?”wiederholte der Arzt und seine Fingerspitzen erhoben und senkten sich der Reihe nach, als wolle er etwas Greifbares haben, um das vergehen der Zeit beobachten zu können.
Die Angesprochene nickte, verharrte noch als wolle sie etwas zu Ende beobachten, um sich schlussendlich doch dem Mann ihr gegenüber zu zuwenden.
“Ich erzähle ihnen gerne von ihr Doktor. Helena war mir mehr als nur eine Freundin, sie war mir eine Schwester. Sie wurde 1 Jahr, 1 Monat und 1 Tag nach mir in unserem Haus in Dresden geboren. Der…der neunte Februar 1893 als einzige Tochter von Erika und Ludwig Schwarz. Ludwig kümmerte sich um unseren Garten und Erika arbeitete in der Küche. Obwohl ich noch weitere Geschwister hatte, war es doch Helena, mit der ich meine Zeit verbrachte. Vielleicht lag es am Alter, vielleicht daran, dass ich mit einem echten Baby spielen konnte….vielleicht auch nur an den vielen Gemeinsamkeiten, die wir teilten. Meine Eltern, waren…sind..sehr modern eingestellt, sie hatten nichts dagegen, dass ich mit dem Kind unserer Bediensteten spielte. Es täte mir gut Einblicke in das einfache Leben zu haben. Zumindest, solange ich jung war. So kam es, dass ich manchesmal mit ihr bei ihren Eltern speiste und ich mochte es sehr. Erika war eine sehr gute Köchin und legte Wert auf ein sauberes Zuhause. Und im gegenzug überlies ich Helena großzügig meine abgetragenen Kleider – wir hätten sie ohnehin nur weg geworfen.”
Frau von Einsiedel wandte ihre Blick wieder vom Doktor ab, um ihn zu dem großzügigen Fenster des einfach eingerichteten Raumes zurückkehren zu lassen, dann fuhr sie fort zu sprechen.
“Auch als wir älter wurden, profitierten wir voneinander. Ich war so verrückt nach ihr, dass ich sie nicht mal zurücklies, um den von meinen Eltern aufgetragenen Pflichten nachzukommen. So wurden ich wie sie gleichermaßen unterrichtet, von dem Lehrer, den mein Vater für uns Kindert angestellt hatte. Mein Vater war ein Freund von gebildeten jungen Damen. Nicht etwa, das Damen den Herren überlegen sein sollten, aber er empfand es als angebracht, das eine Frau ihrem Manne in einem intellektuellem Gespräch folgen können sollte. So investierte er gutes Geld in meine und somit auch in Helenas Ausbildung. Ohne mich, wäre einem Kind ihres Standes niemals derartiges Wissen zu Teil geworden. Wir waren beide fleissige Schülerinnen und hatten Freude am Wissen. Erika sah das mit großem Stolz, so hoffte sie wohl, dass aus ihrem Kinde vielleicht mehr werden würde, als nur eine Köchin.
Als wir, vielleicht 12 Jahre alt waren, oder 13…rissen wir einmal von zu Hause aus. Wir gaben uns als Schwester aus und sangen und ertanzten uns im nahegelegenen Dorf Geld, um Süßigkeiten kaufen zu können. Es war Helenas Idee gewesen, doch als mein Vater uns erwischte, behauptete ich, ich hätte sie überredet um zu verhindern, dass er mir womöglich den schlechten Einfluss entzog. Helena und ich hatten viel Spass daran und ähnlich zu kleiden und zu gebärden. Aufgrund unserer äusserlichen Ähnlichkeit war es nie weiter schwer uns als Schwestern aus zu geben. Es war…es war uns das liebste Spiel…”
“Wie war sie………….Natalie?”Die Stimme des Arztes klang leiser, fast samtig. Die junge Frau reagierte mit keinem Wort auf die unangebrachte persönliche Anrede, sondern überlegte nur, um ihm seine Frage beantworten zu können.
“Wie sie war….meine Güte…wissbegierig, fast schon fanatisch in ihrem Drang alles zu erfahren. Sie…sie wollte eine große Schriftstellerin werden und viel Geld verdienen, um sich dann auch ein großes Haus leisten zu können. Sie träumte davon berühmt zu sein und natürlich auch von einem reichen Prinzen der sie heiraten würde. Sie war ehrgeizig, aber nichts desto trotz immer freundlich  und höflich…ein…ein Mensch dem man sich gerne anvertraut. In ihrem Arm fand ich immer Trost und Wärme, egal welcher Schrecken mich plagte. Es…es war sehr leicht sie zu mögen, Doktor Engel. Sie macht es einem leicht sie zu mögen…das…das mag wohl eines ihrer größten Talente sein.”
“…und…ihre Schwäche? Wie…stands..mit ihren Schwächen?”
Es war nur ein kurzer Blick, den Natalie von Einsiedel dem Mann zuwarf, dann suchte sie die Antwort draussen vor dem Fenster.
“Sie hielt sich für klüger als sie …war.Selbstüberschätzung wohl.”
“Wie verlief ihre Freundschaft im Weiteren Frau von Einsiedel.”
“Als ich 17 und sie 16 Jahre alt waren, nahm sie mich einmal heimlich mit ins Dorf, auf ein Treffen von Studenten. Wir machten und hübsch zurecht und verdrehten den jungen Männern arg den Kopf. Wir tranken Alkohol und……….ja…wir trieben es wohl etwas zu weit. Einen der Männern, von denen niemand wusste wer ich wirklich bin, den………..den hatte ich wohl allzusehr in seinem Tun bestärkt – ich glaub , es mochte an meiner Berauschtheit gelegen haben. Er….er zerrte mich in den Hof des Gasthauses und wollte mir meine Unschuld rauben..ich…ich war so trunken, dass ich es ihm beinahe gestatten wollte…beinahe…doch als es Ernst wurde…wurde mir Angst und ich rief um Hilfe und Helena war es, die ihn einfach niederschlug mit..mit einem Holzscheit. Obwohl sie genausoviel getrunken hatte wie ich, besaß sie die Geistesgegenwart, um richtig zu reagieren. Meine Dankbarkeit kannte keine Grenzen. Wir stahlen uns zurück in unser Haus und wie der Teufel es wollte, erwischte uns mein Vater wiederum. Er war so wütend, dass er mir beinahe mehr Angst machte, als der Student dem ich mit Müh und Not entkommen war. Und wieder nahm ich alle Schuld auf mich um Helena zu schützen, so..so wie sie mich geschützt hatte und mein Vater erfuhr nie was wirklich draussen geschehen war, ausser das wir uns zum trinken davon gestohlen hatte. Er verpasste mir Wochenlange Hausarrest und füllte meine Freizeit mit Benimm unterricht – auch dieses Leid teilte meine Freundin in jedem Moment mit mir. Je älter wir wurden, desto öfter äusserte Ludwig seinen Unbill über die Freundschaft seiner Tochter mit mir. Er glaubte, es bekäme ihr nicht, ständig zu sehen, was nie das Ihre sein würde. Es würde nur falsche Hoffnungen in ihr wecken und würde es ihr schwer machen, die Frau eines anständigen einfachen Mannes zu werden. Damals tat ich seine Bedenken als Blödsinn ab und tröstete meine Freindin, wenn sie traurig oder wütend war wegen ihm. Oder verteidigte sie. “
“Damals…und…wie denken sie heute darüber?” fragte Doktor Engel nach.
“………….nun ja..vor…5 Jahren erfuhr ich dann, dass ich heiraten sollte. Herrn Curt von Rappard…”
Der Arzt quitierte das nicht-beantworten seiner Frage mit einem hochziehen der Augenbraue, überlies das Wort aber weiterhin seiner Gesprächspartnerin.
“ Dieser Umstand veränderte alles. Helena. Helena freute sich sehr für mich, sie war fast aufgeregter als ich selbst. Wir trafen viele Vorbereitungen und im Juli 1911 sollte ich meinen zukünftigen Ehemann zum ersten Mal treffen. Ganz unverfänglich und privat. Und als eine Art Abschiedsgeschenk, bezahlte mir mein Vater eine Reise durch Europa, die eben mit jenem Treffen enden sollte. Reisen bildet und ich sollte meine Freude daran haben.”
Natalie holte tief Luft, der Doktor schwieg – wohlwissend.
“Natürlich begleitete Helena mich. Auch für sie war es ein Abschiedsgeschenk, denn in meine Ehe würde sie mich nicht hineinbegleiten. Dennoch war sie voller Optimismus. Ausser Helena befand sich noch ein älterer Herr im Vertrauen meines Vaters in unserer Begleitung, zu unserem Schutz. Sigmund Stolzer. So reisten wir durch Italien, Griechenland. Durch die Türkei, England, Östereich. Wir verbrachten beinahe 6 Monate nur reisend, bis wir schließlich mit dem Zug von Basel nach Mühlheim fuhren, damit ich dort Curt kennen lernen konnte……
Das…….das war….der 11 Juli…….der 11 Juli 1911. “ Die Sprecherin schwieg einige Momente und ihr Blick entrückte etwas mehr.
“…später sagte man, der Zuführer hätte getrunken und einfach das Signal verpasst. 14 Menschen starben bei diesem Unglück….unter ihnen Helena.”
Natalie seufzte und sah den Arzt wieder an.
“Sie war gerade mal 18 Jahre alt.”
Der Doktor nickte einfühlsam, wenn man so wollte. Ein weiteresmal hoben und senkten sich seine Fingerspitzen und er lies seiner Patientin Zeit diesen schlimmen Moment gebührend zu würdigen.
“…was geschah danach Frau von Einsiedel?”
“Ich…ich blieb wie durch ein Wunder unverletzt. Auch Sigmund hatte…hatte es nicht geschafft… Curt, der mich am Bahnhof erwartet hatte, nahm mich zu sich und stütze mich in dieser schweren Zeit. Ich…ich weiß bis heute nicht, ob er mich wegen der schlimmen Umstände bat, noch vor dem geplanten Termin seine Frau zu werden. Aber ich nickte. Es war mir eine willkommene Ablenkung. Wohl wissend, dass mein Vater darüber ungehalten sein würde. War doch unsere Eheschließung ein Jahr später geplant. Eine Hochzeit will vorbereitet sein, so hielten wir es größtenteils geheim. Wir waren uns einig die offizielle Hochzeit stattfinden zu lassen. Es ist eine Frage von Prestige, wer auf wessen Feier eingeladen ist und wir wollten die Planung unserer Eltern nicht durcheinander bringen.
Wir informierten sie jedoch über die Wahrheit, das waren wir ihnen schuldig. Ich…ich kehrte nicht nach Hause zurück, auch nicht zu einem kurzen Besuch”
“Darf ich mich erkundigen weswegen sie es vorzogen bei ihrem Ehemann zu bleiben?”
“Natürlich. Curt war mir Halt und…und die Vorstellung, welche Erinnerungen mich daheim quälen würden, hielten mich davon ab. Ich wollte nur nach vorne blicken. Nicht zurück.”
“Ich verstehe…”
Die junge Frau nickte und schwieg im Weiteren, bis der Arzt erneut das Wort erhob.
“Frau von Rappard…”
“Frau von Einsiedel bitte…”korrigierte sie ihn leise.
“…vielleicht doch besser Frau Schwarz?” Seine Stimme klang nach wie vor höflich und sachte – seine Patientin schwieg.
“…wie ich sehe ziehen sie es vor ihre Stimme etwas zu schonen. So werde ich für sie weiter erzählen, bitte verbessern sie mich, wenn ich falsch liege.” Doktor Engel setzte sich auf, überschlug die Beine und sah nun, ebenso wie seine Patientin aus dem Fenster.
“Wie auch immer sie es schafften, die Eltern ihrer Freundin davon abzuhalten vor der offiziellen Hochzeit mit dem Herren von Rappard anzureisen – letztendlich lies es sich nicht vermeiden. Und wenn es ihnen auch ein leichtes war, sogar flüchtige Bekannte davon zu überzeugen, dass sie Natalie von Einsiedel sind – schließlich kannten vermutlich nicht mal ihre Elter sie so gut wie Sie – war es natürlich unmöglich Natalies Eltern zu täuschen. Der 10 August 1912. 8 Tage vor ihrer Hochzeit.Es kam, wie es kommen musste zum Eklat. Sie waren genötigt ihrem Eheman die Wahrheit über ihren Betrug zu gestehen, dass er eben nicht Natalie von Einsiedel sondern lediglich ein Mädchen aus einfachem Haus geheiratet hatte. Seine Enttäuschung war groß, doch viel schlimmer war es beiden Elternteilen, an dieser Hochzeit hing beiweitem mehr, als nur die zusammenführung zweier Familien. Es ging um geschäftliche Kontankte. Gesellschaftliche Interaktion. Wäre die Wahrheit bekannt geworden, hätte das Folgen unbekannten Ausmaßes gehabt. So kam man überein, dass sie ihr Spiel weiter spielen sollten. Da Natalie bei dem Zugunglück verstorben war, mussten sie an ihrer statt verbleiben, um nicht alles ins Wanken zu bringen…………jedoch…”
Auf dem Gesicht des Arztes spiegelte sich ein fast schon boshaftes Lächeln.
“Jedoch war man nicht glücklich mit dem Umstand und auch nicht gewillt, sie als Betrügerin auch noch….gewinnen zu lassen…nicht wahr?”
Helena schnaubte leise, spöttisch.
“Ein Freund der Famlie – Doktor Heinz Schultes..” führte sie seine Erzählung fort. “ diagnostizierte mir eine Paranoia. Ich hatte fortan Probleme in größeren Menschenmengen und war genötigt mich von gesellschaftlichen Ereignissen fern zu halten. Ich verließ das Haus nur noch selten. Curt, war derjenige, der mich noch am besten behandelte. Er hatte sich in mich verliebt. Doch auch er nahm mir meinen Betrug übel. Ein Jahr nach meiner offiziellen Hochzeit geschah es dann…”
Doktor Engel beugte sich aus seinem Sessel vor, der Sprecherin entgegen, des kommende schien von Interesse für ihn zu sein.
“Was geschah dann ?”
“Es war der Abend vor unserem offiziellen Hochzeitstag, da kam ein………..ein weiterer………Freund der Familie um meinen Gatten zu besuchen. Anton Götzen, ein…ein junger arroganter Mann. Groß und schlank. Ich fand ihn von der ersten Sekunde an abstoßend.”
“Anton Götzen…so so.” wiederholte der Arzt und in seinen Augen blitze es.
“Es war……….alles sehr seltsam.” Die Augenbrauen der jungen Frau zogen sich zusammen, nachdenklich. “ Curt lies mir ausrichten, ich  solle für ihn und seinen Besuch Tee servieren, es war kurz vor Neun als ich  das Arbeitszimmer meines Mannes betrat. Herr Götzen, saß in Curts Stuhl an Curts Schreibtisch, als wäre dies alles Seines und mein Mann abseits auf der kleinen Couch für Besucher den Kopf gesenkt. Es war so absurd. Curt ist ein stolzer Mann.”
Sie schüttelte in Gedanken ihren Kopf.
“Wie ging es weiter?” bohrte der Arzt weiter, nicht gewillt sich ablenken zu lassen.
“ Herr Götzen bat mich, den Tee abzustellen und zu ihm zu kommen. Ich weiß noch, wie ich Curt fragend ansah, ob ich dem Herren wohl zuwillen sein sollte, doch dieser schien mich …garnicht wirklich wahr zu nehmen. So kam ich der Aufforderung nach und..und mit jedem Schritt den ich näher tat wurde mir mehr bang. Dieser junge fremde Mann hatte etwas beeindruckende an sich, dass ich nicht an ihm sehen wollte, nichts desto trotz konnte ich mich diesem Umstand nicht entziehen. Er………”
Helena zögerte, als hätte sie Schwierigkeiten ihre Erinnerung in Worte zu fassen. “….er teilte mir sein Mitgefühl ob meiner Umstände mit und lies mich wissen, dass er zu meinem und zum Wohl der Familie einen Therapieplatz besorgt hätte..in…in Regensburg. Dort würde ich die richtige Behandlung erfahren….wegen meiner….Paranoia….” Abermals schüttelte sie den Kopf und blickte den Doktor schon fast fragend an. “ Er bat mich meine Koffer zu packen, weil ich noch in der gleichen Nacht hier…hier her gebracht werden sollte. Als als die Türe hinter mir in Schloss fiel, schlug die alte Standuhr im Erdgeschoß wie ein schlechtes Omen….”
Jetzt war es an dem Arzt zu schweigen, er lehnte sich zurück – Helena musternd.
Minuten später sprach er weiter.
“Sie haben keine Paranoia.”
“….ich weiß Doktor Engel.”
“Und sie leiden auch nicht an einer dysfunktionalen Persönlichkeit Frau Schwarz…”
Helena hob ihren Kopf etwas an, lies das Fenster jedoch nicht aus den Augen.
“Bitte?”
“Sie liesen die Menschen um sich herum glauben, sie hielten sich für Natalie, weil es leichter für sie war, als verrückt bezeichnet zu werden, denn berechnend.”
“Zu diesem Schluss kamen sie also bei ihren Untersuchungen…” erwidert sie leise, nicht getroffen…eher ergeben. “Meine Mutter…fiel mir in den Rücken, da sie sie behauptete, ich wäre nicht  ihr Kind.”
“Frau Schwarz….”
“Frau von Einsiedel bitte…”
“Frau Schwarz, ihre Konsequenz in allen Ehren. Glauben sie mir, ich finde ihre Bemühungen mehr unterhaltsam als verurteilenswert. Sie haben aus ihrem Leben mehr gemacht, als jemals für sie geplant war. Ich bewundere sie…doch………………bitte….beleidigen sie mich nicht indem sie mir unterstellen ich wäre nicht in der Lage eine hervoragende Schauspielerin von einer tatsächlich gespaltenen persönlichkeit zu unterscheiden….”
Helenas Augen verengten sich um Milimeter, ihre Schulter sanken und ihr Kopf hob sich, als sie sich in ihrem Stuhl zurück lehnte um ihr Gegenüber zu betrachten, anstatt des Fensters. Sekunden später verlor sich der Eindruck und sie lächelte warm und verletzlich.
“Nichts desto Trotz sitze ich hier bei ihnen…in einer Anstalt für….psychisch gestörte Menschen….Herr Doktor Engel.”
“Nennen sie mich doch Elias liebste Helena…”
“Wie sie wünschen Elias.”
“Wir haben noch Zeit Helena….sagen sie..wie oft schlug die Uhr, als sie das Arbeitszimmer ihres Gatten verliesen?”
“Mitternacht. Ich erinnere mich genau daran, weil ich mir noch dachte, ich verlasse zur Geisterstunden mein Leben…”
Diese Worte lösten im Gesicht des Arztes ein nahezu triumphierendes Lächeln.
“Sie betraten kurz vor Neun, die Räumlichkeiten unterhielten sich kurz und als sie wieder gingen schlug die Uhr zwölf mal?”
Helena überlegte lange und nickte schließlich stirnrunzelnd.
“…vielleicht…vielleicht ging die Uhr falsch….”mutmaßte sie nachdenklich.
“…Sie meinen jemand hat sie in diesen Zehn Minuten vorgestellt?” Elias schüttelte seinen Kopf. “Ich denke nicht Helena.”
Hilflos hob sie ihre Schultern. Der Arzt sprach die Wahrheit und dennoch konnte sie in ihren Gedanken nichts Anderes finden, als jene Erinnerungen, von denen sie ihm bereits berichtet hatte.
Doktor Elias Engel erhob sich von seinem Sessel und begab sich zu einem kleinen verschlossenen Schränkchen aus welchem er eine Spritze und eine Ampulle mit farbloser Flüssigkeit entnahm.
“Machen sie bitte ihren rechten Arm frei Helena…” bat er sie, während er fachmännisch die Spritze aufzog.
Sie folgte seiner Anweisung verunsichert.
“Ist…ist das eine Medizin Herr Doktor?”ihre Stimme klang ängstlich.
“Diacetylmorphin…”erklärte er beiläufig. “ Es ist seit gut 15 Jahren auf dem Markt – eigentlich wird es eingesetzt um Hustenkrämpfe zu lindern oder auch Koliken. Sie haben bestimmt schon davon gehört Helena. Bayer bewirbt es seit Jahren unter dem Namen Heroin…”
Erkenntnis spiegelte sich in ihren Augen.
“Ja ich habe davon gehört” Ihr Blick fiel auf die Spritze. “Ich dachte jedoch es würde oral verabreicht…”
“Gemeinhin ist das auch richtig Helena.” Er schnipste mit dem Zeigefinger die Luftblasen aus der Spritze, lies ein wenig der Flüssigkeit aus der Nadel quellen und betrachtete den Glaskörper fachmännisch gegen das künstliche Licht. “Dies hier ist nur etwas anders verarbeitet. Intravenös verabreicht wird dieses Opiumderivat ihnen helfen, die Grenzen ihrer Erinnerung zu überschreiten und ihnen vielleicht den Zugriff auf die Wahrheit ermöglichen.” Elias umging den Schreibtisch, blieb bei Helena stehen, beugte sich hinab und ergriff ihren Arm. Seine Finger fühlten sich im ersten Moment kühler an, als sie vermutet hätte.
“Die..die Wahrheit? Was meinen sie mit…der Wahrheit?”
Als die Nadel ihre Haut durchdrang zuckte sie zusammen – nicht viel, nur genug, um ihn wissend zu lassen, dass sie es gespürt hatte.
“Der _ ehrenwerte _ Herr Götzen ist der jüngste Spross einer alten Freundin von mir. Maria Dallmayr.” Der Spott in in seiner Stimme war nicht zu überhören, wenn auch ein Grad an Respekt mitschwang.” Herr Götzen, so denke ich, manipulierte ihr Gedächtnis mittels…ja…sagen wir Hypnose…”
Als die Körperspannung sie verließ sackte Helena langsam in dem Stuhl nach unten, sie blinzelte mehrfach in dem Versuch ihren Gesprächspartner zu focusieren.
“Was…? Hypnose?…das….daswasfür Scharlatane…”Ohne dass sie etwas entgegensetzten konnte verlor sich ihre Wahrnehmung – gedämpft durch die verabreichten Drogen.
Elias lachte auf, viel zu laut in ihren Ohren.
“Ja. Ein Scharlatan und Stümper, aber sie und ich werden herausfinden, was er zu vertuschen suchte….nein?”
“Nein??”Fragendes Kopfschütteln.
Der Arzt nahm Helenas Gesicht vorsichtig in seine Hände und zwang sie sachte ihn anzusehen.
“Die Uhr schlug Zwölf. Sie schlug gewiss auch Elf. Erinnern sie sich?”
“Nein…ich….”
“Die Uhr schlägt Zwölf und hinter ihnen fällt die Tür ins Schloss. Ein Schritt zurück Helena. Sie kommen aus dem Arbeitszimmer ihres Mannes…was ist geschehen?”
Ihre Stimme klang schläfrig, verwirrt.
“Herr Götzen, sagt mir, dass draussen ein Wagen auf mich wartet….ich…ich werde jetzt meine Koffer packen und dann…dann fahre ich…”
“Wie fühlen sie sich…?”
“Mein Körper schmerzt, aber…aber ich weiß nicht warum…”
“Die Uhr schlägt dreiviertel zwölf…” Helena nickte. “Was fühlen sie?”
“Ich..ich habe Angst…..Wut….ich fühle mich….müde…schwach..ich…”Ihre Stimme brach.
Elias drückte ihre Hand, beugte sich näher zu der Frau vor ihm und flüsterte.
“Warum sind sie wütend Helena, was macht sie so wütend?”
“Ich….ich…” Stockte sie…stotterte sie..ihre Augenlider flatterten, schlossen sich schließlich ganz und ihre Mimik wurde glatt und ausgeglichen, als schliefe sie nur.
“Die Uhr schlägt Neun, ich stelle das Tablett mit dem Tee auf den Schreibtisch meines Gatten, an dem diese Person sitzt. Er begrüßt mich höflich....er begrüßt mich höflich.
“Guten Abend Frau Rappard, ich warte schon lange darauf sie kennen zu lernen.”Götzen, Anton Götzen. Er stellt sich mir nicht vor, aber ich weiß, dass der Besuch meines Gatten diesen Namen trägt. Ich entbiete ihm meine Hand zum Kuss, die er ignoriert. Meinerseits übergehe ich diese Unhöflichkeit und nicke ihm zu.
“Guten Abend, Herr Götzen, es ist mir eine Freude.”
Er ist mir gleichermaßen unangenehm wie faszinierend, so fällt es mir nicht schwer ihn warm und freundlich anzulächeln. In seinen Zügen finde ich nur angedeutete Abscheu und Spott.
“Sie sind also die Person, der ich den ganzen Ärger verdanke..”bemerkt er in einem blasierten Ton der mir sofort aufstößt. Wiederum übergehe ich seine Aussage, ich wüsste nicht, was ich mit ihm zu schaffen hätte.”Meine Mutter ist über die Maßen ungehalten über den Verlauf dieser Vereinbarung zwischen der Familie Einsiedel und Rappard. Sie machte es MIR zum Vorwurf. Ich hätte nachlässig gehandelt, schlecht gearbeitet – mich unwürdig verhalten.” Jetzt spiegelt sich unterdrückter Zorn in seinem Antlitz – es….es macht mir Angst. Ich schweige.
“Aber langer Rede, kurzer Sinn. Ich bin hier und heute gekommen um diesen Fehler wieder aus der Welt zu schaffen und….” Sein Lächeln ist zweifelsohne sadistisch. “um ihnen zu….danken…”Das letzte Wort trieft vor Ironie. Ich bin verunsichert.
“Verzeihen sie?” frage ich mit leiser Stimme, ich sehe auf und ihn an…ihm gar in die Augen. Mein Blick straft meine schüchterne Frage lüge. Es steht ihm wirklich nicht zu mich derart zu behandeln.
Götzen erwidert den Blick, dann mustert er mich abschätzend und ich fühle mich nackt in seinen grauen Augen.
“Mitnichten. Sie sind eine infame Betrügerin und ich werde ihnen zeigen, was es bedeutet ein Spiel mit einem König zu spielen.”
“König?” Ich bin mir sicher er hat den Verstand verloren, dennoch ist da etwas an ihm…aber ich lasse mich davon nicht beeindrucken.” Hören sie, Herr Götzen. Ich weiß nicht, was sie glauben macht, sie hätten das Recht sich derartig mir gegenüber zu äussern, aber sein sie sich versichert. Was sie über mich denken, interessiert mich einen feuchten Kehricht. Ich werde mich an dieser Stelle zurückziehen und erwarten sie nicht von mir, das ich zu ihrer verabschiedung komme….ich”
“SCHWEIGEN SIE!”fällt er mir ins Wort und ich habe dem nichts entgegen zu setzten und schweige. Beinahe verwundert, dass ich nicht wage ihm zu widersprechen. Beinahe fasziniert es mich.
“Sie werden noch heute dieses Haus verlassen, Frau…Schwarz…” fährt er in einer kühlen Tonlage fort, dann sinkt seine Stimme und die folgenden Worte lassen mich Schlimmes ahnen.”…doch zuvor, werden sie mir, für die Umstände die sie mir bereiteten noch gefällig sein…”
Ich möchte aufschreien. Ich weiß wohl, was Männer erwarten, wenn Frauen gefällig sein sollen und ich wünsche das nicht. Widersprechen will ich und aufbegeheren doch meine Lippen bleiben versiegelt.
Hilfesuchend ruckt mein Kopf herum, nach meinem Gatten Ausschau haltend. Dieser erhebt sich und verlässt den Raum. Er lässt mich allein mit diesem Ungeheuer und das erstemal in meinem Leben wird mir Angst und Bang, von grundauf. Abwehrend schüttel ich meinem Kopf, wieder zu..zu diesem Manne sehend. Sein Lächeln ist verächtlich.
“Glauben sie bloß nicht, ich würde mich dazu herablassen sie mit meiner Nähe zu beglücken…”
Aber was..was …was wird das sonst?
So stehe ich in meinem Verständnis unendlich lange unfähig einfach davon zu laufen, als sich  die Türe des Arbeitszimmer abermals öffnet und mein Mann zurückkehrt. In seiner Begleitung Hans, der Stallbursche. Ein tumber aber kräftiger Mann. Triumpf.Curt hat Verstärkung geholt um diesen ungehobelten Klotz zu entfernen, in meinen Augen blitzt ungebremster Hass. Er wird büsen für seine schmählichen Worte.
Dieser vollendet seinen Satz, als wäre keine Zeit vergangen.”…..das lasse ich Andere für mich machen.”
Erst als es geschieht..begreife ich seine Worte im vollen Ausmaß. Mein eigener Mann ist es, der meinen Oberkörper auf den Schreibtisch stößt,mich dort haltend, mein Haar ergreift, meinen Kopf nach oben reisst und mich damit zwingt den blonden jungen Mann in dem Sessel auf der Anderen Seite anzusehen. Mein Gesichtsausdruck muss ihm Freude bereiten, den er lächelt zufrieden, als er sich eine Pfeife ansteckt und rauchend das Schauspiel beobachtet. Für das was kommt…habe ich keine Worte. Die unaussprechliche Schmach die ich empfinde, da sich ausgerechnet ein Stallbursche meines Körpers bedient, während mein Angetrauter es nicht nur gestattet sondern mich auch noch gefügig hält ist….ist nicht zu beschreiben. Noch nie in meinem Leben weinte ich derartig viele Tränen und als ich schon glaube es könnte nicht mehr schlimmer werden legt Götzen die Pfeife beiseite. In aller seelenruhe nimmt er….nimmt er eine meiner Hände, führt sie zu seinen Lippen…und beisst…er beisst in mein Handgelenk….eine tiefe Wunde..die blutet…nur um daraufhin einen Kelch mit meinem Blut zu füllen….sich zurück zu lehnen und mich zu trinken. Dieser Anblick sprengt…sprengt mein Denken..meinen Verstand..ich kann es nicht fassen. Wie abartig pervers muss er sein, dass es ihm Freude macht das Blut einer derart gedemütigten Frau zu trinken. Ich möchte mich übergeben, dann beginnt er zu sprechen. Erzählt mir ..er…er wäre ein Kainit….ein König…nichts was ihm entgegenstehen könnte..er wäre geboren um die Welt zu beherrschen. Ich wäre ein nichts und wenn er es befehlen würde, würde ich auf Knien darum bitten, dass noch mehr Männer kommen mögen um mich zu entehren und ich würde ihm die Füße lecken um ihn davon zu überzeugen, dass er noch mehr von meinem Blute trinkt. Er ist verrückt, aber etwas in mir ahnt, dass er Recht hat und ich hasse mich selbst und ihn. Und noch während ich diese Dinge denke spricht er weiter…voller Hohn und Arroganz. Gespieltes Mitleid in seiner Stimme, während seine blassen Lippen rot von meinem Blut sind.
“Ist es nicht Ironie? Ich lasse sie hier von ihrem Bediensteten gebrauchen wie eine Hure, während ihr Mann der sie schützen sollte dabei zusieht. Alles geschieht nach meinem Willen. ICH trinke ihr Blut, weil ich alles tun kann, was immer mir beliebt. Wenn ich mit ihnen fertig bin, werden sie den Raum verlassen, ihre Koffer packen, in den Wagen steigen der unten auf sie wartet und sie werden nicht mehr wissen, was ich ihnen angetan habe..ja…..ja sie werden sich sogar freundlich von mir verabschieden, als wäre ich ein guter Freund  von ihnen….” Er lacht…alles andere als freundlich. “…und von dem Ort, an dem ich sie bringen lassen, werden sie nie wieder gehen. Sie werden dort sterben, während eine Anderen Frau hier ihren Platz einnehmen wird um das Leben zu Leben, dass sie für sich haben wollten…”
Tränen auf meinem Gesicht….Verzweiflung…Wut…ich…ich weiß nicht mehr…ich weiß garnichtsmehr.Warum?
Kurz nach halb zwölf hat mein Leiden ein Ende. Er BEDANKT sich bei Hans für seine Dienste und auch bei meinem Mann für seine Unterstützung. Gern geschehen, antwortet der. Ich hasse ihn. Ich fühle mich müde und hilflos …noch immer wütend…Egal.
Ein letztes Mal zwingt Götzen mich ihn anzusehen. Ich darf mich aufrecht hinstellen und…….und erzählt mir, dass wir uns nur unterhalten haben und er mir aus freundlichkeit diesen Therapieplatz in Regensburg besorgt hat. Er sagt, nach dem Gespräch würde ich seine Hand nehmen und mich bei ihm für alles bedanken…. Ich…
ich lächel Herrn Götzen an und ergreife seine Hand. Bedanke mich für alles, was er für mich getan hat. Sein gönnerhaftes Lächeln ist mir suspekt, doch ich denke daran dass ich meinen Koffer noch packen muss, verabschiede mich…….verlasse das Arbeitszimmer…die…die Tür fällt hinter mir ins Schloss und die Uhr….schlägt..zwölf..zwölf mal…”
Helenas Stimme klang leise, gebrochen. Ihr Gesicht war nass, ob der Tränen, welche die Erinnerung an dieses Ereignis aus ihren Augen gespült hatte.
Elias hatte ihren Worten ohne Regung gelauscht. Seine Mimik war nicht kalt, doch auch nicht tief betroffen. In seinem Blick jedoch fand sich eine gewisse Selbstzufriedenheit, die Helena ob ihres Zustands jedoch nicht erfassen konnte.
“Danke Helena – sie haben mir sehr geholfen.”
Sie schüttelte ihren Kopf wie in Zeitlupe – unfähig zu antworten, an ihrer statt sprach der Arzt weiter.
“Wenn sie sich für seine…'Freundlichkeit' revanchieren könnten, was wollten sie tun Helena?”
Diese Frage löste ihre Lippen.
“Ich…wünschte mir, er würde so gedemütigt, wie er mich demütigte. Ich ..ich wünschte mir er wäre tot…ich…ich will sein Blut trinken….”
Elias schmunzelte und hob abwehrend seine Hände.
“Das wollen sie nicht Helena, glauben sie mir. Doch…ich denke, ich werde ihnen Gelegenheit geben können sich  angemessen zu bedanken….wenn sie bereit sind, mein Blut dafür anzunehmen…..”

Helena war bereit und so tat sie am 15 Januar 1915 den ersten Schritt in die Dienste des Nervenarztes Dr. Elias Engel – seines Zeichens Malkavianer, Ancilla und Primogen seines Clanes.
Er verlagerte ihr Zimmer in einen etwas abgelegeneren Trakt der Klause, dort wo sich nur Patienten befanden, die seiner besonderen Aufmerksamkeit bedurften. In jenem Teil durfte sich Helena sehr frei bewegen. Es dauerte weitere 5 Jahre bis er das Band an ihr vollendete. In diesen fünf Jahren gab er ihr Gelegenheit sich weiterbilden, ob der Umstände beschäftigte sie sich vorwiegend mit sozialen und psychologischen Abhandlungen. Zu ihrer Unterhaltung und Weiterbildung arbeitete sie mit Elias an diversen anderen Patienten. Er schätzte ihre Aufmerksamkeit. In dieser Zeit lernte sie auch etwas, dass sie in ihrem bisherigem Leben nicht kennen gelernt hatte. Bedingungsloses Dienen. Auch wenn Elias ihre Dienste mehr höflich pragmatisch in Anspruch nahm. Sie wurde ihm eine Assistentin, die ihm folgsam und aufgeweckt zur Hand ging, als hätte sie ihr Leben lang nichts anderes gemacht. Stets gutmütig und charmant ihm und den  Menschen gegenüber, als hätte sie nie etwas Schlimmes erlebt.

Im Februar 1920 nahm er sich auf ein Treffen mit zu der Gesellschaft, aus der er als auch Herr Götzen entstammte. Er trug ihr auf nur zu sprechen, wenn er es ihr gestattete. Sie sollte niemanden in die Augen sehen, ausser er gestattete es. Helena verstand nicht was dort geschah. Es mochten vielleicht 10 oder 12 Personen anwesend sein, die bei weitem erhabener wirkten, als einem die vorwiegend jungen Gesichter Glauben machen wollten. Es wurde von Maskeradebruch gesprochen und derjenige der offenbar angeklagt war – war Anton Götzen. Helena musste die Geschichte jenes Abends ein weiteres Mal erzählen und Elias vollendete den Vortrag mit seinen eigenen Worten. Ein Kollege hätte ihn auf Helena angesprochen und dem was sie von sich gab. Und er hätte sich genötigt gesehen jenen Kollegen im Sinne der Maskerade aus dem Verkehr zu ziehen und Helena als Zeugin, ob dem stümperhaften Handeln des Ventrues Götzen als Ghul zu nehmen.
Der Stand dieses Götzen war wohl im Allgemein kein Guter und der Bericht des Ancillas, war das Zünglein an der Waage, das alles zum kippen brachte.
Götzen wurde verurteilt und sollte vernichtet werden. Der Primogen der Malkavianer beanspruchte für sich das Recht, das Urteil nach seinem Ermessen umzusetzten. Ob der Umstände, wie der Ventrue überführt wurde und wer weiß welcher Anderen Geschichten im Hintergrund, gestand ihm der damalige Prinz zu Regensburg das Recht zu.
Ein Affront gegenüber der Erschafferin Maria Dallmayr- immerhin Erste der Könige zu Regensburg, doch das Wort des Prinzen zählte alles und so musste diese zusehen, wie Elias einen jämmerlich wimmernden Götzen vor den Augen eines versammelten Primogensrat bis aufs Letzte austrank. Amaranth. Nicht gern gesehen, doch der Prinz konnte nichts tun, ob seiner Erlaubnis, die Wahl der Mittel dem Malkavianer zu überlassen.
Helena sah von alle dem nichts. Sie erfuhr nur, das Anton ein leidendes jämmerliches Ende gefunden hatte und das lies sie zufrieden sein. Auf dem Weg zurück in die Klause, fragte sie den Nervenarzt, warum er das für sie getan hatte. Elias drückte ihre Hand.
“Tut mir leid Helena, ich habe das nicht für sie getan. Götzen war das Kind von Maria Dallmayr und…..ich hatte da noch eine alte Rechnung mit ihr offen.”
“..sie..sie waren im Streit? Darf ich fragen weswegen Elias?”fragte sie zaghaft nach.
“Sie hatte eines meiner Kinder, von welchem sie unabsichtlich beleidigt wurde vernichtet. Ich…ich habe gewartet, bis sie ihr Kind freisprach und ihm somit Zeugnis ablegte, das es ein würdiger Vertreter ihres Clanes ist….und dann…war ich so frei ihr Blut zu vernichten…..”

Nach diesem Ereignis erfuhr Helena mehr über diese Gesellschaft, welche sich selbst Camarilla nannte. Bestehend aus verschiedenen Familien. Doch lediglich über die Malkavianer und die Ventrue erfuhr sie mehr als nur den Namen. Niemals fiel der Begriff Vampir. Für Helena hörte sich das ganze an wie eine verquere Abspaltung der in Italien vertretenen Mafia. Verschieden Familien Clans eingebunden in eine Gesellschaft mit strengen Regeln. Die Familie der Ventrue wäre wohl die adligste von allen und insgeheim befiel Helena ein gewisser Neid, denn die Familie zu der Elias gehörte war der Pleb – ein weiteres Mal, gehört sie zu den Plebejern. Doch ihre Gefühle für dem Arzt, dem sie diente machten diese kleine Missgunst unwichtig.

Regensburg, Mai 1924
Klause St. Vitus zu Prüll,

Helena brütete gerade über einem kürzlich erschienenem Werk von Sigmund Freud. 'Das Ich und das Es' als man ihr einen unerwarteten Besuch ankündigte.
Natalies Mutter Sophia war gekommen, um mit Helena zu reden. Bald 12 Jahre, nachdem diese sie faktisch verstoßen hatte.
Elias führte Frau von Einsiedel persönlich in Helenas Zimmer und zog sich darauf hin höflich zurück, ohne jedoch die Türe hinter sich zu schließen.
Sophia war mittlerweile eine alte Frau geworden, das gut sichtbare große Kruzifix um ihren Hals zeugte davon, dass sie sich wohl im Alter dem katholischen Glauben mit aller Kraft verschrieben hatte. Noch immer waren ihren Bewegungen von adliger Anmut geprägt und dieses versetzte Helena einen leisen Stich.
Die beiden ungleichen Frauen standen sich lange Zeit schweigend gegenüber. Helena hocherhobenen Hauptes, nicht gewillt das Schweigen zu brechen.
“Helena…”begann die Ältere schließlich, trat auf ihre Gastgeberin zu und drückte ihre Hand fast schon familiär vertraut. Helena lies es geschehen. “ du..du hast die kaum verändert Helena. Du bist noch immer…schön.” Das leise Zittern in der Stimme lies vermuten, dass Helenas Ähnlichkeit mit ihrer eigenen Tochter sie noch immer traf.
Auf ihre Worte hin lächelte Helena warm und freundlich, so zugeneigt, dass es sich sogar in ihren Augen widerspiegelte. Sie erwiderte den sachten Händedruck vorsichtig.
“Frau von Einsiedel, sie sehen mich überrascht ob ihres Besuches. Wünschen sie etwas zu trinken?”
Sophia schüttelte ihren Kopf.
“Ich…ich bin gekommen, um meinen Frieden mit dir zu machen Helena. Ich werde bald sterben und Gott kann mich mit all dem Gram in meinem Herzen dir gegenüber nicht ins Himmelreich einlassen…darum…darum bin ich hier….”
Helena wirkte überrascht, dann wurden ihre Gesichtszüge noch weicher.
“Sie…sie wollen sich bei mir entschuldigen?” fragte sie unsicher.
Eine kurze Irritation in den Zügen der alten Frau, dann lächelt sie doch wieder und schüttelte ihren Kopf abermals.
“Nein Helena, ich bin gekommen um dir zu sagen, dass ich dir von ganzen Herzem verzeihe. Jahrelang gab ich dir die Schuld an dem Unglück meiner Tochter. Als…als wäre es deine Schuld gewesen, dass der Zug verunglückte. Ich war so wütend auf dich, dass du einfach den Platz meiner Tochter eingenommen hast um ihren zukünftigen zu ehelichen……ich…ich konnte nicht verstehen dass du krank bist Helena. Dafür entschuldige ich mich. Ich verstand nicht, dass du in deinem Irrsinn nicht mehr zwischen Gut und Schlecht unterscheiden konntest….” Sophia hob ihre Hände in einer um Verzeihung bittenden Geste. “ Aber ich habe viel geredet mit dem Pater und er öffnete mir mein Herz und lies mich begreifen, dass du nur ein Opfer bist und meinen Hass nicht verdient hast.
Helena…..ich verzeihe dir was du getan hast. Ich..ich vergebe dir…” Und mit diesen Worten füllte sich das Antlitz der alten Frau mit einem ganz eigentümlichen inneren Frieden.
Helenas Augenbraue zuckte für einen Moment nach oben, dann lächelt sie weich und nickte.
“Ich danke ihnen Frau von Einsiedel. Ich will ihnen ihren Großmut mit Ehrlichkeit vergelten…”
Sie legte der Frau kurz die Hand auf die Schulter ging zu dir Türe ihres Zimmers und zog sich achtsam hinter sich zu, so als wären die folgenden Worte nur die beiden bestimmt.
“…Ehrlichkeit?” wiederholte Sophia sanft.
“…oder Wahrheit…wie immer sie wollen Sophia.” antwortete Helena und kehrte zu ihrer Gesprächspartnerin zurück.
“…ich…ich verstehe nicht….”
“….lassen sie mich erzählen, dann _ werden _ sie verstehen…” erwiderte Helena und sah der alten und mittlerweilen etwas kleineren Frau in die Augen.
“….ich sehe es noch genau vor mir. Sigmund stand am geöffneten Fenster und sah nach draussen, dem Bahnhof entgegen. Ich höre noch seine Stimme, wie er sagte…'Wir fahren zu schnell, wann bremst er denn….' Sekunden später brach die Hölle los. Lautes Krachen, eine Erschütterung die uns alle erfasste, das Quietschen von schweren Stahlkonstrukten die sich unter Urgewalt verbogen. Die Wucht riss mich und Natalie zu Boden. Sigmund fand sein Ende noch in dieser Sekunden, als sich das brechende Fensterglas durch seinen Leib schnitt. Blut….überall roch es nach seinem Blut….”
Sophias Lippen bebten, als sie gebannt den Worten der Jüngeren lauschte.
 “…ich weiß nicht wieviel Zeit verging bis ich mich wieder aufrichten konnte. Wie durch ein Wunder, war mir nichts geschehen…ebenso wie Natalie, die noch am Boden lag benommen aber unverletzt…”
Die Brauen der Zuhörerin zogen sich zusammen, ihrem Unverständnis Ausdruck verleihend.
“….aber….” warf sie ein , doch Helena überging deren Einspruch.
“….ich…..ich seh noch…wie ich nach unten zu ihr blickte….sie…sie fluchte undamenhaft, hob den Kopf und erblickte den toten Leib Sigmunds. Dieser Anblick lies sie erstarren und verschaffte mir die Zeit die ich brauchte um zu verstehen, das…das all dies..von Anfang an geplant war und JETZT…der Augenblick war um mein Schicksal in die Hand zu nehmen….”
Die Augen Sophias wurden größer, ahnend, was Helena erzählen würde, doch der Verstand weigerte sich beharrlich.
“ Wissen sie Sophia…mein ganzes Leben lang wurde ich darauf vorbereitet die Stelle ihrer Tochter zu nehmen. Ich genoss die gleiche Ausbildung, trug die gleichen Kleidung, hatte den gleiche Umgang…ich..ich sah ihr so ungeheuerlich ähnlich, dass ich fast vermuten möchte, ihr Mann beglückte meine Mutter…”
Bei dieser Mutmaßung öffneten sich die Lippen Sophias im Wortlosen Widerspruch.
“…all dies in Betracht ziehend, wurde mir in diesem Augenblick klar, dass ich handeln musste. So streckte ich mich nach dem schweren Koffer, den ich noch für sie gepackt hatte, der überhalb der Sitzgelegenheiten ruhte ..der mit den metallenen Verzierungen an den Kanten..sie erinnern sich?” Rein rethorisch gefragt, Sophia hatte diesen Koffer eigens für Natalie anfertigen lassen…in dem Metall war das Familien Wappen eingearbeitet. Sophia schluckte schwer.
“…natürlich tun sie das. Als Natalie sah, was ich tat, verstand auch sie…..ihre Augen glänzten..sie……….sie schüttelte ihren Kopf….so hilflos..so…verloren….ihre Stimme klang so leise und verletztlich als sie sagte: Aber..Helen….Helen..ich liebe dich doch….”
Helena ahmte die Stimme Natalies erschütternd gut nach und Sophia ging ob diesen Worten in die Knie.
“…das war das letzte was sie sagte. Dann traf sie der Koffer und zerschmetterte ihren Schädel…..aber ich danke ihnen wirklich, dass sie mir von Herzen verzeihen Frau von Einsiedel….”
Mit diesen Worten trat Helena einen Schritt zurück und betrachtet….ihr…Werk einen Moment.
Sophia blieb erschüttert knien, gefangen in den Bildern, die die Mörderin ihrer Tochter ihr geschenkt hatte. Helena indessen kehrte zurück zu ihrem Schreibtisch, setzte sich und schlug die Seite auf, auf der sie ihre Studien unterbrochen hatte.
“….richten sie ihrem Gott einen schönen Gruß aus, wenn sie auf ihn treffen…” bemerkte sie mit einem beinah schon kindlich freundlichem Lächeln bevor sie sich ans weiterlesen machte, als wäre nichts geschehen.
Minuten verstrichen in denen nichts geschah….irgendwann richtete sich die die gebrochene Frau auf…von Helena sträflich missachtet. Doch entgegen deren Erwartung war die einstigen Mutter nicht gewillt dieses Unrecht auf sich beruhen zu lassen.
“Du…du gottloses Monster!”spie sie aus, ergriff das nächstebeste, was ihr in die Hände kam ..eine Büste von C.G. Jung…stürtze auf Helena zu und noch bevor diese reagieren konnte, schlug die Alte damit zu und Helena sank wie leblos zu Boden.
“…du….du….” Sophia holte ein weiteres Mal aus, doch wie aus dem Nichts, erschien Elias hinter ihr und gebot ihren Tun Einhalt. Sein Gesicht war eine seltsame Mischung aus Abscheu, Verwunderung, Angst und Begierde. Seine Hand legt sich auf die der Alten.
“…sie lügt Frau von Einsiedel..sie lügt. Sie ist verrückt…sie hat das erfunden um sie zu strafen, sie hält sich für ihre Tochter und hat ihnen ihren Verstoß nicht verziehen. Sie wollte sie dafür quälen. Wenn sie sie töten werden sie sich das niemals verzeihen hören sie?” seine Stimme klang ruhig und einfühlsam und wissend und diese Kombination lies Sophia tatsächlich wanken.
“..es…es…es klang so…..”
“Glauben sie mir Sophia, ich bin ihr Arzt. Sie hat gelogen. Es…es wird wohl besser sein, wenn sie jetzt gehen…” Etwas schnarrte in seinen Worten, als sprächen zwei Personen gleichzeitig über seine Lippen. Ein unwillkürlicher Schauder überkam Sophias Körper und sie nickte, mehr intuitiv, als dass sie wirklich überzeugt gewesen wäre. Helena stöhnte leise auf und hielt sich die Stirn, ihr Kopf blutete heftig. “Gehen sie…Frau von Einsiedel…”
Und Sophia brach in Tränen aus und ging. Jahre der Arbeit in ihrem Herzen in nur wenigen Augenblicke zerstört. Sie flüchtete von diesem Ort und Helena.

Sobald die Türe hinter Sophia ins Schloss gefallen war, entfuhr ein hässliches Knurren aus der Kehle des Malkavianers, es mutete beinahe an, als wäre er gewachsen. Er stapfte offenbar wutentbrannt hinter den Schreibtisch, packte Helena am Haar und zerrte sie grob nach oben. Sie stolperte…wankte..verstand nicht, wo Elias herkam und womit sie seinen Unbill auf sich gezogen hatte.
“…du….du bist ein abscheuliches Monster mit einem Kindergesicht…”knurrte er und stieß sie auf den Schreibtisch auf dem sie vornübergebeugt zum erliegen kam. In ihrem Kopf drehte sich alles, so dass sie nichtmal im Stande war einen Laut des Schmerzes von sich zu geben, ob seiner Behandlung.
Ihr Blut ronn auf das dunkle Holz. Innerlich starb sie, weil der Mann den sie so sehr liebte sie offenbar verabscheute. Elias stellte sich hinter sie und riss ihr die Bluse vom Leib, als wolle er sie demütigen wie einst Anton von Götzen.
“..bitte….bitte nicht…” wimmerte Helena ..viel zu leise. Viel, viel zu leise.
“…du widerst mich an Helena…” flüsterte er, als er sie erneut am Haarschopf packte und ihren Oberkörper wieder hochzoch, währed er sie gleichzeitig mit seinem Leib auf dem Schreibtisch fixierte. Ihre Hand patschte hilflos in den roten See, der sich gebildet hatte und zeichnete sowohl ihr Gesicht, als auch das seine, da er ihrem Ohr zum flüstern nah war…mit roten Spritzern.
“….nein…”hauchte sie verzweifelt.
Seine Andere Hand schob sich unter ihren Körper, auf ihren Bauch, sie das letzte Stück an sich reissend.
“…und ich habe noch nichts…noch nichts auf dieser Welt…so sehr begehrt wie dich…”
Das war, das Letzte was sie hörte, dann schlugen sich seine Fänge in ihre unbedeckte Schulter und er trankt sie..das erste Mal in ihrer beiden Existenz und er trank sie bis nichts mehr von ihr über war…bis zum Tode.

Als Primogen seines Clanes, hatte Elias schon lange, das Recht zugesprochen bekommen ein Kind zu zeugen und von diesem Recht machte er in dieser Nacht gebrauch. Er hatte Helena schon lange schätzen gelernt, als angenehme Gesprächspartnerin, gelehrige Gehilfin und charmante Gesellschaft, doch erst in jener Nacht, als er das erstemal wirklich einen Blick in ihre dunklen Abgründe warf entfachte es in ihm die Gier, dieses Geschöpf zu besitzten. Nachdem er sie getötet hatte, füllte er sie mit seinem Blut, bis das Tier in ihm zu kratzen begann. Und weil auch seine Welt weit mehr zu bieten hatte, als einen fähigen Psychiater und Rache beseelten Egozentriker, erklärte er Helena mit keinem Wort, was geschehen war.
Er lies sie in dem Glauben, dass das Geschehe ein Traum war in dem sie ihr Erlebnis mit dem Anton Götzen verarbeitete. An dem Tag nach ihrer Erschaffung, führten sie ein langes Gespräch. In dem sie ihm erzählte, dass er sie getötet hätte. Die Tatsache, dass sie ihm das erzählen konnte, liesen seine Worten um soviel sinniger erscheinen, als ihre eigenen. Er tat so, als wäre alles wie immer und ihre Welt stand Kopf. Einzig allein ihr Zimmer blieb von Aussen versperrt. Elias erklärte ihr, es wäre zu ihrer eigenen Sicherheit, da sie ob ihres psychischen Zustandes in der Lage wäre Dinge zu tun, die ihr vielleicht später leid tun würden. Er lies ihr Essen bringen und guten Wein. Und sie schlang beides gierig hinunter um den Hunger der in ihr wuchs zu stillen – nur um alles wieder von sich zu geben.
Für Helena waren diese ersten Tage die Hölle auf Erden. Sie verstand nichts und alles. Hörte Stimmen die nicht da waren, sah Dinge, die nicht existieren.  Sie zerschlug sinnlos die Einrichtung ihres Zimmers, analysierte sich selbst…versagte daran und verzweifelte jede Stunde aufs Neue. Einzig und allein die Gegenwart Elias vermochte sie zu beruhigen.
In der dritten Nacht nach ihrer Erschaffung, der Hunger in ihr hatte mit jeder Nacht einen neuen Höhepunkt erreicht, betrat Elias abermals ihr Zimmer sie eingehend betrachtend, wie er es mit seinen Patienten zu tun pflegte. Nur in seinen Augen lag der eigentümlich Glanz, der sie wissen lassen hätte können, dass sie ihn bei weitem mehr interessierte , als jeder andere Insasse. In ihren Bewegungen glich sie mehr einem Tier, als einer gut erzogenen Frau. So schlich sie auf ihn zu, an ihm suchend, nach etwas, das ihre Gier befriedigen könnte.
“Wie fühlen sie sich Helena..?” erkundigte er sich freundlich.
“…es hungert mich…”erwiderte sie und schnupperte…etwas das sie wahrnahm lies sie ihren Kopf gen Türe drehen.
“Schmeckt ihnen das Essen nicht, dass ich ihnen bringen lasse?”
“…es ist widerwärtig…” Ihr kopf zuckte zurück zu ihm…stetig an ihm auf und ab blickend..suchend.
“Ich verstehe………………………….Möchten sie…ihre Gier…befriedigt sehen Helena?” Seine dunkle Stimme schnarrte wieder….unheil verkündend.
“….ja…” Diese Antwort kam klar und schnell und das suchen hielt inne, als sie seinen Blick hielt.
“Gut. Ich bin leider nicht mehr in der Lage mich an Körperlichkeiten zu erfreuen. Nichts desto Trotz würde ich sie gerne berühren. Ich habe einen jungen Mann mitgebracht, der sie an meiner statt befriedigen soll. Werden sie das für mich tun?”
Etwas in ihrem Hinterkopf murmelte etwas von absurd, da Elias ihr gegenüber noch niemals ein diesbezügliches Interesse angekündigt hatte. Etwas in ihrem Kopf, äusserte die Vermutung, dass die Gier in ihr..sich vielleicht tatsächlich mit einem Koitus befriedigen lassen könnte und ihre Augen flammten auf. Er hätte bei weitem anderes verlangen können und sie hätte ebenso zu gestimmt wie sie es zu diesen Worten tat.
“Ja.”
Sie hatte es kaum gesprochen, da kam eine Gestalt herein……junger Mann war übertrieben, denn der Jüngling war mehr Kind als Mann…vielleicht 14 Jahren alt….15, wenn man ihm wohl wollte. Er war verunsichert, wirkte ängstlich, aber auch neugierig, als er Helena erblickte lächelte er scheu und in aller Unschuld.
Elias begab sich hinter den Schreibtisch, auf welchem er noch vor drei Tage Helena getötet hatte, er setzte sich auf den Stuhl. Lehnte sich zurück und beobachtete gebannt die Dinge, die Geschehen mochten.
In ihrem ganzen Leben, war Helena niemals eine feurige Liebhaberin gewesen. Es geziemte sich nicht für eine junge Dame, das hatte sie gelernt. Doch die Aussicht drauf, das dieser junge Körper ihren Hunger vielleicht stillen konnte, machte sie alle Zurückhaltung vergessend und sie nahm den Jüngling mehr, als dass sie ihn verführte. Für sie schockierend war, dass ihr Tun, ihren Hunger nicht nur nicht zu besänftigen vermochte, sondern das es überhaupt keine Befriedigung für sie gab. Nicht mal jene, welche einer Frau manchmal zu Teil wurde, wenn sie mit einem Mann beisammen lag. Dabei war es doch genau das, was Elias von ihr wollte. Ihre Befriedigung und sie fand sie nicht. Wut kochte in ihre hoch, während sich der schmale warme Leib an ihr abmühte geplagt von Lust. Die Wut und der Hunger eröffneten ihr eine neue Tür…eine andere Form der Wahrnehmung…sie fühlte sein wild klopfendes Herz..so nah auf ihrer ach so kühlen Haut. So kühl, als wäre sie leblos. Sie hörte das Blut in seinem Leib rauschen und etwas anderes in ihr übernahm die Kontrolle. Erst waren es zaghafte kleine Bisse, an denen er sogar Gefallen fand…bis das erste Blut floss.
Dann war alles vorbei.
Als Helena wieder zur Besinnung kam, hielt Elias sie fest im Arm. Neben dem schmalen Bett am Boden lag der tote Leib des Junges. Zerissen und blutig, als wäre ein wildes Tier über ihn hergefallen und sie verzweifelte daran – wissend, dass es ihr Werk gewesen war.
Sie weinte blutige Tränen, jammert und wollte sich die Haut vom Knochen kratzen und Elias war zärtlich wie noch nie zuvor. Streichelte ihr Haar, liebkoste ihr Gesicht, flüsterte ihre beruhigende Worte zu und Wahrheiten. Wer sie war. Was sie zum leben brauchte. Warum ihre Haut kalt war und ihr Herz schweigend. Er erzählte ihr von den Traditionen und welche Bedeutung sie in der Gesellschaft der Camarilla hätten. Während er sie hielt wie ein Vater sein Kind und sie berührte wie ein Mann seine Geliebte gestand er ihr das erste Wissen über Ihre Existenz und tötete sie damit ein weiteres Mal. Er fütterte sie mit seinem Blut und küsste im Gegenzug ihre Tränen von den Wangen. Leid verbindet. Blut auch.
Diese seltsame Nacht endete mit einer weiteren Lektion. Die erste war die Macht des Tieres gewesen. Die zweite lautete…wahre die Maskerade. Er trug ihr auf die Leiche des Kindes zu entsorgen, auf das niemand sie finden sollte, denn das würde Fragen aufwerfen die niemals beantwortet werden dürften.
Und Helena die sich Stunden später bemerkenswert beruhigt hatte, kam seiner Aufforderung in grimmiger Konsequenz nach. Sie wollte alles allein machen. Sie wollte gut sein und gehorsam. Und bestäubt von den Geschehnissen, ihrer Art und Weise und ihrem Blut lies er es sie tun, mit der Bedingung, dass sie ihm berichten musste, was sie getan hatte.
So geschah es.

Jahre, Jahrzehnte zogen ins Land. Helena war wieder Kind und lernte alles von Neuem. Grundlegendes Wissen über die Sekten. Welche Clans der Camarilla zugehörig waren und auch die Namen deren Familien die zum Sabbath gehörten. Elias stellte sich als treuer Camarilla Anhänger raus, wenn er auch nie müde wurde, die Funktionalität dahinter zu beleuchten. Beweggründe zu erörtern. Wenn Helena ihn fragte, warum er sich den gegebenen Regeln unterwarf antwortete nur, weil sie funktionieren würde.   Elias ermöglichte ihr den Kontakt in die Kainitische Gesellschaft in geringen Dosen und ob ihrer menschlichten Vergangenheit, hatte sie niemals größere Schwierigkeiten. Niemals warf sie ihm vor, dass er sie zu dem gemacht hatte was sie war und es brauchte keine 20 Jahre, bis sie zu verstehen begann, dass sie in diesem Rahmen mehr erreichen könnte, als in hundert menschlichen Leben. Es war nur eine Frage der Zeit und Geduld. Zeit hatte sie fortan genug, als auch Geduld. Elias lehrte sie die Geheimnisse des eigenen Clanes. Die Fähigkeit die Wahrnehmung so zu verschieben, dass sie auch das nicht offesichtliche zu sehen vermochte. Ebenso die…Hypnose, wie er es damas nannte. Die Gabe, Anderen Wesen den eigenen Willen begreiflich zu machen. In ihren Patienten fand sie willige Opfer um an ihnen zu üben. Auch das gehörte zu ihren regelmäßigen Übungen. Sie absolvierte neben dem Erlernen Kainitischer Gepflogenheiten ein Studium der Psychologie und eignete sich ebenso grundlegendes ärztlich anatomisches Wissen an. Aufgrund ihrer stets freundlichen und höflichen Art, wurde sie von Anderen Kainiten oft belächelt aber war durchaus gern gesehen. So wie man gerne hübsche Frau in seiner Gesellschaft leiden mochte, ohne sie als weiter wichtig zu Erachten. Ihr besonderes Interesse galt dem Clan Ventrue, wenn ihr Erschaffer sich erkundigte woher das kam, führte sie das ihr Erlebnis mit Götzen zurück. Das erschien beiden logisch.  Die Zeit in der sich nicht studierte verbrachte sie mit lese oder schreiben. Die immer schneller werdende Entwicklung der Welt um sich herum verfolgte sie mit ebenso großen Interesse.
Zur Zeit des zweiten Weltkrieges verliesen sie und Elias die Klause nur selten, der aufkeimende Rassenwahn bot hervoragenden Boden für Experimente. Niemand interessierte sich dafür, wenn ein Verrückter starb. Die Sterbequote stieg in der Zeit von 1933 bis 1945 bald auf ein 6 faches an. In diesen 12 Jahren arbeiteten sie engern und intensiver zusammen als jemals zuvor. Und in einer seltsamen Nacht, welche geprägt war, von Grausamkeiten und Blut vollzog Helena den letzten Schritt zum endgültigen Band und Elias nahm das zweite Mal ihr Blut.
Doch auch der Krieg ging irgendwann vorbei und alles normalisierte sich irgendwie.
Gute 20 Jahre später beschloss Elias mit der Zeit zu gehen und er und Helena initierte die Umwandlung der Nervenheilanstald in ein Universitätsklinikum. Mehr Raum für Forschungen und vor allem Forschungsgelder.
Ihrer beide Unterkunft befand sich in dem schon längst vergessenen Trakt der alten Klause deren Zugänge mit jedem weiter Flügel des Klinikums mehr verschleiert wurden.
Durch Elias erlernte sie auch wie sie offiziel am Leben blieb und wie man die nötigen Papiere dafür erhielt. Beide hatten es sich zur Gewohnheit gemacht passende Insassen ohne nächste Verwandten und sozialen Bindungen gesund schreiben und verschwinden zu lassen um dann deren Papiere zu übernehmen. Sowohl als Nervenheilanstalt als auch Klinikum bekam man praktisch jede notwendige Information.
1976 erhielt Helena den Freispruch von ihrem Erschaffer und Maria Dallmayr, welche mittlerweile Prinz der Domäne Regesburg geworden war. Ab diesem Zeitpunkt war es der Neonatin gestattet die Domäne zu verlassen und sie unternahm immer wieder kleinere Reisen um die 'Neue Welt' kennen zu lernen. Manchmal allein. Manchmal in Begleitung ihres Sires oder Gregor Loringen, eines jungen Ventrues.

Der Fall Gregor Loringen

Helena war noch im Status eines Kindes, als im  August 1964 ein junger Neonat des Clanes Ventrue in die Domäne Regensburg aufgenommen wurde. Er war im weitersten Sinne ein moderner Mann, der es schaffte Etikette, Anstand und Erhabenheit in eine charmante Persönlichkeit zu fassen. Gregor war ein ehrlicher Kainit und idealistisch in der Vorstellung, dass es ihm mit genügend Willen gelingen würde, den Intrigen der kainitischen Gesellschaft zu widerstehen und auch ohne sie seinen Weg zu machen. Sein Erschaffer, der das Potentials seines Kindes wohl zu schätzen wusste, hatte beschlossen seinem Blut eigene Erfahrungen zu zugestehen. Er sollte ohne die schützende Hand des Vaters lernen. Ein Gefallen wechselte den Besitzter und Gregor von der Domäne Frankfurt nach Regensburg, um  dort mit etwas finanzieller Unterstützung selbstständig Geschäfte und Kontakte aufzubauen.
Bereits an seinem ersten Abend in der neuen Domäne lernte er Helena kennen, die ganz dem Bild einer jungen wohlerzogenen Dame entsprach und Gregor beging einen kleinen Fehler, der weitere Konsequenzen nach sich zog. Er zog seine eigenen Schlüsse aus ihrem Auftreten und mutmaßte in ihrer Gegenwart sie müsse wohl zum Clan der Könige gehören. Und Helena, welche von seiner Vermutung geschmeichelt war, lies ihn in dem Glauben – eine ganze Nacht lang. Welche sie schwätzend und beinahe schon scherzend verbrachten. Als sie ihm am Ende gestand, zu welchem Clan sie gehörte und dass sie lediglich den Status eines Kindes inne hielt, wollte es Gregor gar nicht glauben. Er konnte nichts an ihr finden, dass sie in seinen Augen als ein Kind des Mondes ausweisen würde. Nichts an ihr war verrückt oder sonderlich – ganz im Gegenteil. Dieser Umstand lies ihn sich mit ihr beschäftigen und alsbald hielten die Beiden regen Schriftverkehr, in welchem sie über Gott und die Welt philosophierten. Sie erörterten politische Themen, als auch sozial oder religiöse. Sie führten wilde Diskussionen über Sinn und Zweck der Camarilla von denen nie ein Wort an einen Dritten reichte. Er verteidigte standhaft die Möglichkeit, mit Ehrlichkeit und Wagemut ebensoweit zu kommen wie mit Egoismus und Intriganz. Wohingegen Helena eisern daran festhielt, dass die bestehende Form der Camarilla der beste Beweis dafür wäre, dass sich das funktionabelste System durchgesetzt hatte. Über die Jahre hinweg entwickelte sich schon fast eine Freundschaft im Hintergrund. Sie schrieben sich hauptsächlich und trafen sich nur auf offiziellen Anlässen. Nichtsdesto trotz begann Gregor sehr wohl Wert auf den Ratschlag des Kindes zu legen, der stets überlegt oder gar psychologisch begründet war.
Nach Helenas Freispruch intensivierte sich der Kontakt zwischen ihr und dem Ventrue. Elias nahm ihr Tun gelassen hin, wohl wissend – zu wem sie gehörte. Er interpretierte ihr Interesse an dem Ventrue als Spleen und bezeichnete ihn des öfteren als Helenas Projekt – was sie stets Lächeln, aber im weiteren Schweigen lies.
Auf den persönlichen Treffen der beiden, begann Helena Scheibchenweise von ihrer Geschichte als Mensch zu erzählen. Von dem Leben in Dresden, von der Familie Einsiedel und so fort. Immer nur dann, wenn es sich aus dem Gespräch raus ergab – oder er sie fragte. Ihre Erzählungen waren wohl dosiert. Sie sprach immer von Helena und Natalie..niemals von sich und Natalie. Und in irgendeiner Nacht erkundigte er sich danach warum. Helena zierte und wand sich wie eine Jungfrau, bis sie ihm schließlich, ob der langen Freundschaft zwischen ihnen gestand, dass sie befürchtete, das Opfer einer Verschwörung zu sein – doch nach all der Zeit wäre sie sich ob des Umstands selbst nicht mehr Sicher darüber. Es war das erstemal, und es war nur der Bruchteil einer Sekunde, das Gregor darüber nachdachte, ob sie nicht vielleicht doch wahrnehmungskreativ war, doch er verlies sich auf seinen Instinkt und bohrte weiter nach, wie sie zu diesem seltsamen Schluss gekommen war. So erfuhr er nach und nach die Ganze schreckliche Wahrheit, selbstverständlich unter dem Siegel der Verschwiegenheit.
Sie erzählte ihm, dass sie noch immer davon träumte in einem guten Kinderzimmer geschlafen zu haben und nicht in einer Kammer, wie es der Tochter einer Bediensteten zugestanden hätte. Sie würde sich an ehrenwerte Familie Einsiedel in jedem Detail erinnern und beschrieb die Eltern in bildhaften liebevollen Worten. Ebenso beschrieb sie die Freundschaft zwischen Natalie und Helena, jedoch…jedoch befürchtete sie, dass sie in Wirklichkeit Natalie sei und nicht Helena.
Der Ventrue äusserte durchaus seine Zweifel daran – nicht daran das Helena die Wahrheit sprach..nur an den Umständen, doch über die Nächte hinweg und vielen ach so logischen Erklärungen hinweg veränderte sich seine Ansicht langsam.
Helena beschrieb das Geschehen als ein Komplott Elias um Maria Dallmayer seine langjährige Gegenspielerin zu stechen. Elias wäre es gewesen, der ihre Eltern dazu gebracht hätte, sie als Tochter zu verstoßen und zu behaupten sie wäre Helena um die Hochzeit mit der Familie Rappard zu sabotieren. Doch dieser hatte natürlich nicht damit gerechnet,dass beide Familien die Konsequenz besitzten würde, trotz der wilden Behauptungen die Hochzeit durch zu ziehen und als das Kind der Dallmayer geschickt wurde, um das Geschehene zu korrigieren, hätte Elias die Gelegenheit ergriffen und sich eben auf diese Weise an der Ventrue gerächt. Als Helena Gregor davon erzählte, erinnerte sie sich daran, dass sie niemals vor dem Gespräch in der Klause mit Elias etwas nachteiliges für Götzen empfunden hätte. Sie gestand, dass sie befürchtete, Elias hätte sie als Werkzeug missbraucht um seiner Rache genüge zu tun und sie mache sich schwere Vorwürfe, ob den Konsequenzen die daraus entstanden waren.  An diesem Abend weinte Helena bittere rote Tränen, ob ihrer Verzweiflung, selbst nicht zu wissen was wahr und was gelogen wäre und Gregor verlor sich in ihrer menschlichkeit, die ihm in der kainitischen Gesellschaft so verloren schien und als Beweis seines Vertrauen und um ihr Halt zu geben tauschten sie beide ihr Blut, geparrt mit Versprechungen und Romantik.
Von dieser Nacht an, gewann die Verbindung deutlich an Nähe. Gregor forschte nach und fand immer nur Beweise dafür, dass ihre Theorie durchaus wahr sein konnte. Helena und er reisten nach Dresden und besuchten das alte Haus der Familie und sie beschrieb ihm jeden Winkel, jedes Zimmer mit Möbelierung und Erinnerungen, wie es doch nur jemand konnte, der dort Tag für Tag verbracht hatte. Auf dieser Reise liebten sie sich…im weitersten Sinne. Berührungen und Küsse tauschend, als auch ein weiteres Mal das rote Band.
Das Treiben der Beiden blieb nicht ungesehen und mehr als einmal wies man den Ventrue darauf hin, dass es niemals gut war sich mit dem Blut des Mondes ein zu lassen, zu diesem Zeitpunkt, war Gregor über diese Warnungen schon bei weitem erhaben. Elias war verrückt, man sah es ihm an, man erkannte es an den Dingen die er tat, allein sein Blick sprach Bände. Helena hingegen, mit den Jahren reifte in ihm die Gewissheit, dass sie nicht Malkaviaischen Blutes sein konnte. Er entwickelte die Theorie, dass in dieser folgenschweren Nacht, in der Helena in die Klause gebracht wurde, der Herr Götzen sie nicht missbraucht sondern vielmehr erschaffen hatte und da er dies vermutlich ohne die Erlaubnis des Prinzen getan hatte, schob er sie im falschen Vertrauen in die Klause zu Dr. Engel ab, weil er es nicht über das Herz brachte sie zu töten. Und dieser, hätte die Umständen schamlos ausgenutzt. So würde auch Helenas Verhalten Sinn machen und diese schöpfte das erstemal Hoffnung.
Es war die Sylvester Nacht der Jahrtausendwende in der er ihr versprach, Helena ihr Geburtsrecht zu verschaffen und sie bedankte sich in Blut und Liebe, welche die beiden..oder vielmehr…ihn unwiderbringlich an sie schweisste.
Gregor sammelte Beweise, alte Bilder, Aufzeichnungen, Fakten die – je nachdem wie man sie betrachten wollte, seine Theorie durchaus untermauern würden und im Januar 2004 sprach er bei einem Clanstreffen der Ventrue vor. Erklärte die Umstände, klagte Elias an und forderte für Helena das Recht ein endlich den Namen Ventrue tragen zu dürfen.
Wäre es nicht ausgerecht Elias und sein Kind gewesen, um welche sich seine Forderung drehte, hätte Maria Dallmayr seine Ausführungen vielleicht mit einem amüsierten Lachen abgewunken und Gregor mit Empfehlung an dessen Erschaffer einfach wieder zurück nach Frankfurt geschickt.
Doch sowohl die Empörung, die sich unter den Mitglieder des Clanes ob dieser unhaltbaren Forderung breit machte UND weil sich die Geschichte um Elias und dessen Kind Helena drehte – machte dies unmöglich.
So kam es, dass sich in einer viel zu lauen Winternacht 5 Personen in den privaten Räumlichkeiten des Prinzen einfanden.
Maria Dallmayr, Gregor Loringen, Elias Engel, Helena Schwarz und Simon Tudolsky die Geißel der Domäne Regensburg – welche unverkenntbar darauf blicken lies, dass noch in dieser Nacht ein Kopf fallen würde.

“Herr Engel, ich hätte es bevorzugt, wenn ihr Blut davon Abstand genommen hätte dem werten Herrn Loringen den Kopf zu verdrehen.” begann Maria, nachdem die förmliche Begrüßung beendet war.
“Hoch verehrter Prinz, Herr Loringen wurde bereits vor geraumer Zeit frei gesprochen und ich würde es niemals wagen, mir anzumaßen mich in seine privaten Unternehmungen einzumischen.” erwiderte Elias höflich.
Frau Dallmayr nahm einen Stapel von Papieren und Fotographien von ihrem Schreibtisch, trat bis auf drei Schritt auf den Primogen zu und warf die Dokumente abfällig vor seine Füße.
“Meine Güte Elias, er glaubt ihr Kind wäre von meinem Geblüt…”In ihrer Stimme lies sich hören, wie absurd ihr allein der Gedanke schien und die fast schon intime Anrede machte deutlich, das die beiden mehr teilten, als nur eine gepflegte Fehde.
Ein kurzes amüsiertes Blitzen in Elias Augen zeugte davon, dass er seine Gesichtszüge unter Kontrolle hielt.
“….nun……….Helena hatte schon immer hochgesteckte Ziele…..aber….hochvereherter Prinz, sie verschafften mir doch nicht die Gelegenheit ihre angenehme Gesellschaft zu genießen, um mir mit zu teilen, dass sie unzufrieden mit dem Verhalten, meines längst freigesprochenen Kindes sind…..?”
Maria lächelte schmal.
“Selbstverständlich nicht. Ich bin ihr Blut leid, und werde heute Nacht die Dornen aus meinem Fleisch, aus meiner Domäne ziehen….”
Der Malkavianer schwieg und betrachtete den Prinzen, als er das Wort erneut erhob, klang seine Stimme gedämpft.
“…mit welchem Urteil wollen sie meine Vernichtung begründen _ Hoch verehrter Prinz ?”
An dieser Stelle sah sich Gregor fragend um, da er den Verlauf des Gespräches beim besten Willen nicht verfolgen konnte. Helena hingegen schloss die Augen und ein Ausdruck der Bitterkeit legte sich in ihre Mundwinkel – überrascht wirkte sie nicht.
“Der Bruch der ersten Tradition Elias…”
Wieder kurzes Schweigen.
“….niemals, brach ich die Maskerade Maria…”Trotz der Worte, fand sich in seiner Stimme keine Verteidigung –  er sprach lediglich die Wahrheit aus.
“Ich weiß…..”begann Maria, drehte ihren Kopf, musterte die schweigende Helena einige Momente und wandte sich dann wieder dem Ancilla zu. “…waren sie sich jemals darüber bewusst, welche Natter sie sich in ihr Nest holten?”
“Helena?…………..Helena….”sprach er den Namen und schloss nun seinerseits die Augen. “Wovon spricht der ehrwürdige Prinz…Helena….”
Ihre Stimme klang leise, als sie ihrem Erschaffer antwortete, dennoch war das Beben darin zu vernehmen, welches von ihrer Anspannung sprach.
“…in jener Nacht…in…..in der du mich den Jungen trinkend machtest…in jener Nacht beging ich Verrat an dir….ich verscharrte den Körper, so….so wie ich es dir erzählte….doch in der Nacht darauf, schrieb ich einen Brief …welchen ich über meinen Mann an Frau Dallmayr weiterleiten lies…”Stockend…als kostete sie jedes einzelne Wort Willenskraft. Kein Triumpf nur seltsame Verzweiflung.
Der Prinz sprach für sie weiter.
“In diesem Brief informierte sie mich über das was geschehen war und auch über den Ort, an welchem sich die Leiche befand. Sie ….erbat sich mein wohl Wollen, sollte ich geneigt sein, mein Wissen zu ihren Ungunsten einzusetzten. Dreist fürwahr ”
Elias Kopf legte sich in den Nacken, als wolle er in den Himmel sehen..beinahe schon ergeben.
“…und sowohl der Wortlaut des Briefes, als auch meine Nachlässigkeit den Verbleib des Leichnams nicht zu überprüfen sind dir genug um meinen Kopf zu nehmen….die…die vierte Tradition…” vollendete er leise den Dialog.
“Das ist doch verrückt..”stieß Gregor hervor..schüttelte seinen Kopf und sah immer wieder zwischen dem Prinz, Elias und Helena hin und her. Die Mundwinkel Tudloskys verzogen sich spöttisch grinsend. Helenas Körper schüttelte sich in stillem Grauen.
“Warum…warum erst jetzt Maria?”fragte Elias leise.
“Der ehemalige Prinz zu Regensburg, war dir bei weitem zugetan Elias, er hätte mein Anliegen abgewiesen…abgesehen davon…du weißt doch selbst wie das ist….in der Ewigkeit…tut es gut, etwas von Bestand zu haben – und sei es nur eine gepflegte Feindschaft.”
Der Malkavianer nickte leicht – mehr nicht.
“….mit der Überahme meiner Pflichten als Prinz stand deine Vernichtung nicht mehr an erster Stelle….doch jetzt bin ich es leid. Dein irrsinniges Blut stiftet Unruhe, die ich nicht will. Ich nehme meinen Verlust zum Wohle meiner Domäne auf mich…….und strafe dein Kind indem ich es nötige bei deiner Vernichtung anwesend zu sein…”
Helena schluchtze leise, kniff die Augen zusammen und eine rote Träne stahl sich aus ihren Augenwinkeln.
Elias, der um das Band um ihr Herz wusste richtete sich auf, öffnete die Augen und sah den Prinzen an.
“Dann gestehe mir, unserer Feindschaft zu ehren, den letzten Wunsch zu. Sie…” er drehte seinen Kopf und sah Helena an. “ …soll mich vernichten.”
Maria nickte.
Helena schüttelte ihren Kopf.
Elias lächelte.

Eine eigentümliche Stille erfassten den Raum, welche Minuten lang nicht gebrochen wurde. Schließlich und endlich, war es der Prinz, der das Wort erhob.
“Nur eines würde mich interessieren…Frau Schwarz….warum – sie waren sich darüber im Klaren, dass sie mit diesem Brief, das Schicksal ihres Erschaffers auf die Ein oder Andere Weise besiegelten…warum haben sie es getan?”
“…..du….du wolltest dich in unseren Clan einschmeicheln..nicht wahr? Helena?” Die Stimme Gregors überschlug sich beinahe, als er die Frau die nicht unweit von ihm stand beschuldigte. “…du…du bist….du hast dich meiner….bedient du…….oh gott Helena..Helena…wie konntest du nur wie…….”Sein Herz wollte ihm brechen, als er begriff, dass die Frau, die er von Herzen liebte nicht das war, was er in ihr sehen wollte und das nicht mal das ihn davon abhalten konnte, für sie zu fühlen wie er es tat.
Helena stand regungslos. Irgendwann öffnete sie ihre Augen …in ihnen lag tiefe Trauer. Gregor mochte sie wohl nicht wahrgenommen haben, alles was sie sah war Elias und ihre Worte galten ihm und nicht dem Prinzen.
“Du hast mir Essen gegeben, das meinen Hunger nicht stillen konnte. Du gabst mir Berührung, die mich nicht befriedigen konnte und du liesest mich diesen Jungen fressen, um mich wissen zu lassen, was ich geworden war…..”
Elias Mundwinkel zuckten, mit welchen Gefühlsregungen auch immer.
Eine kleine Pause, dann fuhr sie mit leisen Worten fort….
“…ich wollte…………ich wollte, dass _du _ weißt…was ich schon immer war….”

Epilog.

Ich liebte Natalie wie eine Schwester. Niemand soll jemals sagen, ich hätte sie herzlos getötet. Ihr Tod, war eine notwendige Konsequenz, um mein Schicksal zu erfüllen. Ich tat es nicht leichtfertig. Es ist….es ist nicht leicht zu töten was man liebt. Nie.
Mein Schicksal ist es groß zu sein. Das bedeutet auch Opfer bringen zu können, die tiefe Wunden hinterlassen.
Warum ich Gregor glauben lies, was er glauben wollte? Es gefiel mir. Ich fand, es stünde mir zu adliges Blut in mir zu tragen und mich durch seine Augen zu sehen war wundervoll. Wenn ich hätte wählen können, hätte ich sein Blut gewählt. Das Blut der Könige.
Maria Dallmayr sandte ihn zurück nach Frankfurt und der einzige Trost der mir bleibt, ist das Wissen, dass es einen König gibt, der mich niemals vergessen wird, egal wie sehr er darunter leiden mag. Sein Leid adelt mich auf eigne Weise.
Der Prinz kam der Bitte meines Briefes aus vergangener Zeit nach und zeigte sich wohl wollend. Die Domäne musste ich verlassen, doch sie gab mir in Brief und Siegel ihre Empfehlung, auf das ich an einem Anderen Ort Fuß fassen könnte. Ich wollte zurück nach Dresden, doch die Umstände wollten es, dass die einzige Domäne in der Nähe in der ich mich vielleicht niederlassen konnte Leipzig war. So erhielt ich die notwendigen Kontaktadressen..der Rest wäre meine eigene Sache.
Elias.
Elias….
Ich MUSSTE ihm begreiflich machen, das ich…Vampir….eine Frau mit Zielen bin, die ich mit aller Konsequenz verfolge und dass ich nicht davor zurückschrecke, mir selbst Leid zu zufügen. Und ich habe gelitten. Das Band des Blutes zu ihm erinnerte mich jede Nacht…jede verdammte Nacht meiner Existenz daran, dass ich seinen Tod bereits beschlossen hatte. Nur um ihn etwas verstehen zu lassen. Es ist Wahnsinn. Ihn zu lieben über so lange Zeit hinweg mit dieser Gewissheit…zermürbt den Verstand.
Sein Schicksal zu erfüllen bedeutet auch Opfer bringen zu können, die tiefe Wunden hinterlassen.
Das aberwitzige ist, sein Tod hinterlies keine Wunden, zumindest nicht diese, welche ich erwartet hatte..
Meine Fänge in sein Fleisch zu zwängen war die schrecklichste Lust die ich jemals ertragen musste. Ihn zu trinken, mein grenzenloses Verlangen nach ihm ein letztes Mal zu stillen…war mir bittere Symphonie, ich starb in diesen Sekunden für den Rest meines Lebens..so glaubte ich. Ich wollte schreien, selbst mit ihm sterben, ich wollte ihn in mir bewahren und an ihm ersticken. Bis zu diesem Augenblick, da er in meinem Arm zu Staub zerfiel und nichts blieb. Keine Trauer, keine Verzweiflung, keine Bitterkeit und Tragik, nichts blieb ausser meinem Verständnis dafür, dass ich ein weiteres Mal den Weg gegangen war, so wie ich ihn gehen musste.
Die Wunde die seine Vernichtung hinterlies war das Wissen darüber, dass es nur die Illusion von wahren Gefühlen gibt. Gefühle halten, solange das Blut reicht.
Seine letzten Worte, die er mir zuflüsterte..bevor er sich der Lust des getrunken werdens hingab waren:

“…ich wusste, was du warst…darum machte ich dich zu dem, was du bist….Liebste…”


Dieser Beitrag wurde unter Vampire veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar